Fair oder unfair? Ob wir die Ausgrenzung eines Menschen für Recht oder Unrecht halten, hängt von seinem Aussehen ab: Wirken seine Gesichtszüge eher kühl und inkompetent, finden Unbeteiligte den Ausstoß aus einer Gruppe eher akzeptabel als wenn derjenige liebenswürdiger und kompetenter aussieht. Das Problem dabei: Die Gesichtszüge sagen nichts über die Persönlichkeit aus – und sollten daher unser moralisches Urteil eigentlich nicht beeinflussen.
Die Gesichtszüge anderer Menschen verraten viel über ihren Charakter – so glauben wir jedenfalls. Frauen halten beispielsweise instinktiv Männer mit einem besonders maskulinen Gesicht für potenziell untreu und wir geben einem Politiker mit kompetentem Aussehen oder einer Politikerin mit femininen Gesichtszügen eher unsere Stimme. Dieser fehlgeleitete „Face-Ism“ reicht so weit, dass sogar Gerichtsurteile und Wahlentscheidungen vom bloßen Augenschein beeinflusst werden, warnen Forscher.
Ausgegrenzt – zu Recht oder Unrecht?
Ein weiteres Beispiel für „Face-Ism“ haben nun Selma Rudert von der Universität Basel und ihre Kollegen aufgedeckt. Für ihre Studie untersuchten sie, wie Unbeteiligte auf die soziale Ausgrenzung eines Menschen reagieren. Wird jemand grundlos aus einer Gruppe ausgeschlossen oder gemobbt, halten die meisten Menschen dies für unfair und inakzeptabel. Anders ist dies, wenn jemand beispielsweise ständig für Streit sorgt oder gegen Regeln verstößt. In vielen Fällen aber ist es schwierig, die Lage als Außenstehender zu bewerten.
Rudert und ihre Kollegen wollten daher wissen, welche Rolle dann bloße Äußerlichkeiten wie die Gesichtszüge des Betroffenen für die Meinung der Unbeteiligten spielen. Um das zu testen, zeigten die Forscher 480 Probanden jeweils kurz Männerportraits, die per Software in Bezug auf ihr Aussehen manipuliert worden waren. Die Gesichter variierten darin, ob sie eher kühl oder liebenswürdig aussahen und ob sie eher mehr oder weniger kompetent wirkten.