Astronomie

Vermeintliches SETI-Signal ist keins

Angebliches Radiosignal von nahem Stern sorgte für Aufsehen – und Skepsis

Nicht wirklich lebensfreundlich: Der 94 Lichtjahre entfernte Stern HD 164595 wird eng von einem heißen Gasplaneten umkreist – ob es noch andere, potenziell lebensfreundliche Planeten in diesem System gibt, weiß man nicht. © NASA/JPL-Caltech

Ein Signal von Aliens? Seit einigen Tagen sorgt ein Radiosignal für Aufsehen, das russische Forscher aus dem Weltall aufgefangen haben sollen. Das relativ schwache Signal scheint aus Richtung eines 94 Lichtjahre entfernten Sterns zu kommen. Während der Fund in den Medien teilweise schon als mögliche Alien-Botschaft gehandelt wurde, blieben Astronomen skeptisch. Gestern stellte sich dann heraus: Das Signal war wahrscheinlich terrestrischen Ursprungs.

Schon seit Jahren lauschen die Teleskope des SETI-Instituts ins All hinaus, um mögliche Signale außerirdischer Intelligenzen zu finden – bisher vergeblich. Zwar wurden im Laufe der Jahre schon einige auffallende Radiopulse detektiert, aber sie stellten sich im Nachhinein meist als natürlichen Ursprungs oder als Störsignale aus irdischen Quellen heraus. Und das berühmte „WOW“-Signal von 1977 trat nur einmal auf und dann nie wieder – bis heute nicht.

Signal von nahem Planetensystem?

Dennoch sorgt schon die bloße Detektion eines Radiosignals aus dem All für Aufsehen – so auch diesmal wieder. Russische Astronomen haben letzte Woche über ein Signal berichtet, dass sie am 15. Mai 2015 mit dem Radioteleskop RATAN-600 registrierten. Das Teleskop besteht aus einem 577 Meter großen Ring aus Reflektorplatten, die ein aus dem Weltall eintreffendes Signal auf einen Empfänger im Zentrum leiten.

Wie die russischen Forscher berichten, hatte das Signal eine Frequenz von elf Gigahertz und eine Stärke von 0,75 Jansky – war also nicht sonderlich stark. Doch interessant wurde es durch seine scheinbare Quelle: Der Radiopuls kam aus der Himmelsregion, in der der sonnenähnliche Stern HD 164595 liegt. Von diesem 94 Lichtjahre entfernten Stern ist bekannt, das er von mindestens einem Planeten umkreist wird – einem neptungroßen, heißen Gasriesen.

Zweifel sind angebracht

Bedeutet dies, dass das Signal von einer außerirdischen Zivilisation in diesem Planetensystem stammen kann? Nach Ansicht von Seth Shostak vom SETI-Institute ist dies eher unwahrscheinlich. „Die Chance, dass dies ein echtes Signal von Außerirdische ist, ist nicht sonderlich groß“, konstatiert er. „Zudem bezweifeln selbst seine Entdecker, das sie hiermit ET gefunden haben.“

Das RATAN-600 Radioteleskop hat das umstrittene Signal a, 15. Mai 2015 empfangen – und danach nie wieder. © Aleksandr s kavkaza/ CC-by-sa 3.0

„Ich war eher unbeeindruckt“, erklärt auch Eric Korpela von der University of California, Leiter des SETI@home-Projekts. „Denn SETI@home hat Millionen potenzielle Signale mit ähnlichen Merkmalen gesehen, aber es braucht mehr als das, um einen guten Kandidaten auszumachen.“ So sei eines der Minimal-Kriterien der mehrfache Nachweis, die russischen Forscher haben das Signal aber nur bei einem von 39 Scans des Sterns detektiert.

Zu breitbandig für ein Alien-Signal?

Ein Problem sehen sowohl Shostak als auch Korpela in der großen Bandbreite des RATAN-Signals: Es gleicht darin eher den Emissionen natürlicher Radioquellen. „Es gibt dadurch nichts an diesem Signal, das es von einer vorübergehenden natürlichen Radioquelle wie einem stellaren Flare, einem aktiven Galaxienkern oder Ähnlichem abgrenzen kann“, sagt Korpela. Auch ein Satellit, der durch das Lauschfeld des Teleskops fliegt, könnte theoretisch ein ähnliches Signal hervorbringen.

Absichtlich ausgesendete Radiosignale sind dagegen meist schmalspurig, um mit möglichst wenig Energie eine maximale Reichweite zu erzielen. Käme das breitbandige RATAN-Signal tatsächlich von einer außerirdischen Zivilisation, dann hätte sie dafür mehr Energie benötigt, als die gesamte Menschheit verbraucht. Das gilt aber nur dann, wenn dieses Signal stark fokussiert direkt auf uns gerichtet wäre – bei einem breit gestreuten Signal wäre der Energiebedarf noch weitaus höher.

Auch das Greenbank Radioteleskop hat bisher kein weiteres Signal von HD 164595 empfangen. © gemeinfrei

Fahndung bisher erfolglos

Ein weiterer Schwachpunkt ist die Einmaligkeit des Signals: Seit Mai 2015 hat das RATAN-600 kein weiteres Radiosignal aus Richtung des Sterns registriert – und auch sonst kein Teleskop. Denn mittlerweile haben Astronomen mit gleich zwei großen Radioteleskopen versucht, ein weiteres Radiosignal von Stern HD 164595 zu empfangen.

Ein Team des Breakthrough Listen Projekts visierte den Stern mit dem Greenbank Radioteleskop in West Virginia an, Astronomen des SETI-Instituts setzten das Allen Telescope Array nördlich von San Francisco ein, einen Verbund aus 42 Radioantennen. In beiden Fällen aber fanden sie trotz mehrtägiger Suche – nichts. Auch eine Suche in älteren Radiodaten aus dieser Richtung blieb ergebnislos.

„Wahrscheinlich irdischen Ursprungs“

„Wenn das HD 164595-Signal wirklich von jenseits der Erde kommt, dann sollte es angesichts seiner Parameter häufiger auftreten“, erklärt Breakthrough-Astronom Andrew Siemion von der University of California in Berkeley. „Die Tatsache, dass das Signal in Durchmusterungen dieser Gegend nicht zu finden ist, spricht eher dafür, dass das RATAN-Signal auf Störinterferenzen im Instrument oder andere Artefakten der menschlichen Technologie zurückgeht.“

Und genau so scheint es auch zu sein, wie gestern ein Update des RATAN-600-Teams verkündete: „Nachträgliches Auswerten und Analysieren des Signals enthüllte, dass es wahrscheinlich terrestrischen Ursprungs ist“, so die Astronomin Yulia Sotnikova. „Wir können mit großer Sicherheit sagen, dass bisher kein außerirdisches Signal detektiert wurde.“

(SETI Institute/ Breakthrough Listen, 02.09.2016 – NPO)

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