Durch Versuch und Irrtum konnten die Teilnehmer im Laufe des Spiels bestimmte Muster erkennen und auf diese Weise immer bessere Vorhersagen treffen. Lagen sie richtig, blinkte das Wort „korrekt“ auf dem Bildschirm auf. Bei einem Fehlversuch erschien „nicht korrekt“. Während des Experiments zeichnete ein Magnetresonanztomograf (fMRT) die Hirnaktivität der Teilnehmer auf.
Hyperaktives Belohnungszentrum?
Es zeigte sich, dass die Teenager tatsächlich häufiger die richtige Blume wählten als ihre erwachsenen Mitstreiter. Sie schienen die Regeln des Spiels im Laufe des Experiments besser gelernt zu haben. Die unterschiedlichen Leistungen, so vermuteten Davidow und ihre Kollegen, sollten auch im Gehirn der Spieler zu sehen sein.
Ihr Verdacht: Das Stratium, ein Hirnareal, das beim Lernen durch Belohnung erwiesenermaßen eine entscheidende Rolle spielt, müsste bei den Jugendlichen hyperaktiv sein. „Doch überraschenderweise konnten wir zwischen Erwachsenen und Teenagern keine Unterschiede in der Aktivität dieser Hirnregion erkennen“, sagt Davidow.

Die besondere Verknüpfung zwischen Stratium und Hippocampus könnte Jugendlichen helfen, sich besser zu erinnern. © Juliet Davidow/ Shohamy Lab
Unerwartete Verknüpfung
Stattdessen entdeckten die Forscher, dass eine andere Region den entscheidenden Unterschied macht: der Hippocampus. Dieser Hirnbereich ist unter anderem für das Speichern von Erinnerungen zuständig – er wird typischerweise jedoch nicht mit bestärkendem Lernen in Verbindung gebracht.
Doch im Teenagerhirn wurde der Hippocampus beim Spielen – anders als bei den Erwachsenen – besonders aktiv. Gleichzeitig schien seine Aktivität eng auf jene des Stratiums abgestimmt zu sein. Die beiden Hirnbereiche waren offenbar miteinander verknüpft und arbeiteten beim Lernen der Jugendlichen zusammen.
„Hervorragend angepasst“
Um dieser Verbindung auf den Grund zu gehen, ergänzten die Wissenschaftler das ursprüngliche Spiel um einen weiteren Bestandteil. Zeitgleich mit dem Hinweis, ob die Entscheidung richtig oder falsch war, wurde nun stets ein weiteres Bild eingeblendet, das nichts mit dem eigentlichen Spiel zu tun hatte. Das Ergebnis: Je stärker die beiden Hirnregionen miteinander verknüpft waren, desto besser erinnerten sich die Jugendlichen später auch an die vermeintlich unwichtigen Bilder.
Dieser einzigartige Schaltkreis im Teenager-Hirn scheint demnach eine evolutionsbedingte Anpassung zu sein, die die Heranwachsenden befähigt, besser zu lernen und sich besser zu erinnern. „Indem es zwei Teile verknüpft, die eigentlich nicht miteinander in Verbindung stehen, versucht das jugendliche Gehirn in einer wichtigen Phase des Lebens ein umfassenderes Verständnis von seiner Umwelt zu erlangen“, sagt Mitautorin Daphna Shohamy von der Columbia University in New York.
Wie die Forscher betonen, offenbaren die Ergebnisse wieder einmal, dass das Teenager-Gehirn nicht „kaputt“ oder eine Baustelle ist, sondern schlichtweg hervorragend angepasst: Dank dieser Abweichungen können die Jugendlichen besser aus Erfahrungen lernen. „Als Teenager wird man unabhängig und muss sich schon bald selbständig in der Welt zurechtfinden – das ist ein wirklich guter Zeitpunkt, um besonders gut im Lernen zu sein“, schließt das Team. (Neuron, 2016; doi: 10.1016/j.neuron.2016.08.031)
(Harvard University/ The Zuckerman Institute at Columbia University, 07.10.2016 – DAL)
7. Oktober 2016