Mikrobiologie

„Rostfresser“-Mikrobe entdeckt

Im Süßwassersediment lebende Archaee oxidiert Methan und reduziert Eisen

Im Wasser des Twentekanals in den Niederlanden wurden die "Rostfresser" entdeckt © gemeinfrei

Lange gesucht, endlich gefunden: Forscher haben erstmals eine Mikrobe entdeckt, die sowohl Methan als auch Rost frisst. Der zu den Archaeen gehörende Einzeller verbindet die Reduktion von Eisen mit der anaeroben Oxidation von Methan und baut so das potente Treibhausgas auch unter sauerstoffarmen Bedingungen ab. Diese Mikroben könnten nicht nur die Umwelt der frühen Erde stark beeinflusst haben, sie könnten auch für die Abwasserreinigung sehr nützlich sein.

Für viele Bakterien ist das Treibhausgas Methan das entscheidende „Futter“. Die Mikroben oxidieren den Kohlenwasserstoff und gewinnen so selbst tief im Gestein, im Meeresboden oder in heißen Quellen genügend Energie, um zu überleben. Einige von ihnen benötigen dafür allerdings noch etwas: bestimmte Metalle. Sie bauen die Metallatome in die Enzyme ein, mit denen sie dann das Methan abbauen.

Fund vor der Haustür

Schon seit längerem hegten Biologen daher den Verdacht, dass es Mikroben geben muss, die zusätzlich zum Methan auch gelöste Eisenverbindungen verarbeiten – und damit gewissermaßen „Rostfresser“ sind. Immer wieder gab es in früheren Untersuchungen Hinweise auf solche eisenabhängigen Methanoxidierer. Aber bisher war es keinem Forscher gelungen, sie zu finden und zu isolieren.

Nun jedoch haben Forscher diese Mikroben endlich entdeckt – vor ihrer Haustür. „Nach Jahren der Suche versteckten sie sich in unserer eigenen Probensammlung“, berichtet Mike Jetten von der Radboud Universität. „Wir fanden sie schließlich in Anreicherungskulturen aus dem Twentekanaal in den Niederlanden, die sich seit Jahren in unserem Labor befanden.“

In solchen Bioreaktoren kultivieren die Forscher ihre Mikroben. © Boran Kartal

Methan oxidiert, Eisen reduziert

Als die Wissenschaftler das Erbgut dieser Archaeen aus der Ordnung der Methanosarcinales näher analysierten, entdeckten sie eine Auffälligkeit: Die Mikroben besaßen Gene, die darauf hindeuten, dass sie im Zuge der Methanoxidation Eisenionen reduzieren können. „Diese Vermutung überprüften wir dann im Labor. Und tatsächlich – diese Mikroben schafften es“, berichtet Koautor Boran Kartal vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie.

Wie sich zeigte, setzt dieser kleine Eisenfresser eine Energiekaskade in Gang, die sowohl den Eisen- als auch den Methankreislauf beeinflusst. Im Zuge dieser Umwandlung wird einerseits das Treibhausgas Methan zu Kohlendioxid abgebaut, andererseits aber reduziertes Eisen erzeugt, das dann anderen Organismen zur Verfügung steht.

Von der Urerde zur Kläranlage

Die Entdeckung der eisenfressenden Methanoxidierer ist in gleich mehrfacher Hinsicht spannend. Einerseits könnten diese Mikroben Klima und Umwelt schon der frühen Erde entscheidend mitbestimmt haben. Denn damals gab es auf unserem Planeten eine methanreiche Atmosphäre und eisenhaltige Urozeane.

Andererseits könnten diese Rost- und Methanfresser bei der Reinigung von Abwasser und Gewässern helfen. Denn kultiviert man sie zusammen mit sogenannten Ammox-Bakterien, dann könnten beiden Mikroben zusammen Ammonium, Methan und Stickoxide aus dem Abwasser in Stickstoffgas und Kohlendioxid umwandeln – und damit in weniger schädliche und weniger treibhausaktive Gase.

Als nächstes wollen die Forscher nun herausfinden, mit Hilfe welche Enzyme und Proteine die „Rostfresser“ ihre doppelte Leistung vollbringen. Das könnte wiederum für biotechnologische Anwendungen interessant sein. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2016: doi: 10.1073/pnas.1609534113)

(Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie, 25.10.2016 – NPO)

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