Eine fast perfekte Kugel: Astronomen haben das rundeste bekannte Objekt im Universum entdeckt. Ein rund 5.000 Lichtjahre entfernter Stern erweist sich als nahezu perfekte Kugel – eine echte Rarität. Obwohl der Stern doppelt so groß ist wie die Sonne, liegt die Abweichung zwischen Äquator- und Polradius bei weniger als drei Kilometern. Ursache dafür könnte neben seiner langsamen Rotation ein ungleichmäßiges Magnetfeld sein, wie die Forscher berichten.
Die Natur ist ein Meister der Symmetrie – ob in Form von sechsstrahligen Schneekristallen, in mathematisch akkuraten Spiralen oder in unserem eigenen bilateralsymmetrischen Äußeren. Doch eine Form kommt seltsamerweise in der Natur nur selten vor: eine perfekte Kugel. Auch wenn es so scheint, sind selbst Planeten, Monde und Sterne nicht richtig rund.
Die Rotation der Himmelskörper erzeugt eine Zentrifugalkraft, die sie am Äquator nach außen zieht und sie an den Polen abplattet. Der Radius unserer Erde ist dadurch am Äquator 21 Kilometer länger als an Nord- und Südpol. Je schneller sich ein Objekt dreht, desto stärker ist dieser Abplattungseffekt. Theoretisch müssten daher langsam rotierende Sterne kugelförmiger sein – aber die meisten von ihnen liegen viel zu weit entfernt, um direkt mit optischen Mitteln vermessen zu werden.
Schwingender Stern
Jetzt jedoch haben Astronomen eine bessere Messmethode entwickelt: Statt das Licht der fernen Sterne zu analysieren, „belauschen“ sie sie mit Hilfe der Asteroseismologie. Diese nutzt aus, dass Sterne ständig pulsieren. Durch Plasmaströme in ihrem Innern, aber auch durch andere Prozesse schwingt der gesamte Himmelskörper wie eine Glocke.
Laurent Gizon vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen und seine Kollegen haben diese Schwingungen nun beim rund 5.000 Lichtjahre entfernten Stern KIC 11145123 über mehrere Jahre hinweg vermessen. Mit Hilfe des Kepler-Weltraumteleskops analysierten und verglichen sie dabei die Frequenzen in Äquatornähe mit denen in den höheren Breiten des Sterns – denn dies erlaubt Rückschlüsse auf den jeweiligen Radius.
Drei zu 1,5 Millionen
Das Ergebnis: KIC 11145123 ist außergewöhnlich rund. Bei einem Radius von rund 1,5 Millionen Kilometern liegen die Abweichungen von Äquator und Polen nur bei knapp drei Kilometern. Der riesige, weißlich leuchtende Stern kommt damit einer perfekten Kugel schon sehr nahe. Zum Vergleich: Bei der Sonne mit weniger als dem halben Radius beträgt die Abweichung zehn Kilometer.
„Unseres Wissens nach ist Kepler 11145123 damit das rundeste natürliche Objekt, das je beobachtet wurde“, sagt Gizon. „Der Stern ist noch runder als die ruhige Sonne.“ Gleichzeitig demonstriere diese Messung auch die Präzision der Asteroseismologie. Denn trotz der großen Entfernung von 5.000 Lichtjahren gelang die Vermessung dieses Sterns auf einen Kilometer genau.
Die Rotation allein erklärt es nicht
Aber warum ist KIC 11145123 so rund? Ein naheliegender Grund ist seine langsame Rotation: Die Oberfläche des Sterns benötigt rund 99 Tage für eine komplette Umdrehung. Sein Kern hinkt sogar noch etwas hinterher: Dessen Rotationsperiode liegt eher bei gut 105 Tagen, wie die Forscher berichten.
Aber: Auch wenn KIC 1114512 damit dreimal langsamer rotiert als unsere Sonne, reicht dies allein nicht aus, um die um gewöhnliche „Rundheit“ dieses Sterns zu erklären. „Die beobachteten Abweichungen der Radien betragen nur ein Drittel der durch die Rotation erklärbaren Abflachung“, berichten Gizon und seine Kollegen. Sie vermuten daher, dass ein Magnetfeld in niedrigen Breiten für den zusätzlich abrundenden Effekt verantwortlich ist.
Einfluss eines Planeten?
Rein theoretisch könnte auch ein nahebei kreisender Riesenplanet für die Verformung eines Sterns verantwortlich sein, wie die Astronomen erklären. Im Falle von KIC 1114512 wäre dessen Effekt aber einerseits zu gering, um die beobachteten Effekte zu erzielen. Zum anderen kreisen Planeten meist in der äquatorialen Ebene ihres Sterns – und würden daher eine Ausbeulung dort eher fördern als sie zu mindern.
Die Astronomen wollen künftig auch andere Sterne mit Hilfe der Asteroseismologie vermessen. Vor allem werde es interessant sein zu verfolgen, wie schnellere Rotation und stärkere Magnetfelder die Gestalt eines Sterns verändern, sagt Gizon. „Ein wichtiges Feld der theoretischen Astrophysik ist dadurch jetzt Beobachtungen zugänglich geworden“, so der Forscher. (Science Advances, 2016; doi: 10.1126/sciadv.1601777)
(Max-Planck-Gesellschaft, 18.11.2016 – NPO)