Rätsel gelöst: Nach gut 170 Jahren haben Forscher ein rätselhaftes Phänomen des Wassereises aufgeklärt. Denn Eis ist immer nass – selbst bei Minusgraden bildet sich eine hauchdünne Schicht aus flüssigem Wasser. Die neuen Analysen enthüllen, dass diese Nässeschicht entgegen bisheriger Theorie nicht im Gleichgewicht ist, sondern vor allem beim Sublimieren und Verdampfen auftritt.
Eigentlich scheint die Sache klar: Wird Wasser bis unter den Gefrierpunkt abgekühlt, dann kristallisiert es aus und wird zu Eis. Aber in der Praxis ist das das Ganze weitaus komplizierter. Denn je nach Druck und den im Wasser gelösten Substanzen kann Wasser bis weit unter den Gefrierpunkt hinaus flüssig bleiben. Forschern ist es sogar schon gelungen, hochreines Wasser bei extrem hohem Druck bis minus 130 Grad flüssig zu halten.
Dauernass selbst bei Minusgraden
Viel alltäglicher und trotzdem rätselhaft ist jedoch ein anderes Phänomen: Selbst wenn die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt liegen, ist Wassereis immer von einer hauchdünnen Grenzschicht aus flüssigem Wasser umgeben – ob bei Eiswürfeln, beim Schneeball oder beim Ausrutschen auf einer Eispfütze. Dieses seltsame Phänomen beobachtete schon der britische Physiker Michael Faraday im Jahr 1842, konnte es aber nicht erklären.
Heute weiß man, dass nicht nur Wassereis, sondern auch andere Kristalle eine solche quasiflüssige Grenzschicht ausbilden – die Spanne reicht von Metallen über Halbleiter und Keramikmaterialien bis zu gefrorenen Edelgasen oder organischen Systemen. Der Theorie nach entsteht diese Schmelzschicht, weil die Flüssigkeit die freie Oberflächenenergie zwischen fester und gasförmiger Phase senkt – es bildet sich eine Art Sättigungsgleichgewicht.