Geowissen

Wie der Nordatlantik zum Wärmepirat wurde

Meerengen von Gibraltar und Panama ließen heutige Meeresströmungen entstehen

Vereinfachte Darstellung der heutigen globalen ozeanischen Umwälzzirkulation. Vor rund fünf Millionen Jahren prägten tektonische Veränderungen ihren Verlauf. Oberflächenströmungen in rot, tiefe Wassermassen in blau, Schlüsselgebiete: gelbe Rechtecke, Tiefbohrungen: gelbe Punkte. © NOAA/ Geomar

Tektonik als Strömungs-Motor: Forscher haben rekonstruiert, wann und wie der Golfstrom und andere große Meeresströmungen in Gang kamen. Ablagerungen und Fossilien in Bohrkernen belegen, dass vor allem Veränderungen der Straße von Gibraltar und der Meerenge von Panama vor rund fünf Millionen Jahren dafür verantwortlich waren. Erst als sie sich verengten oder sogar ganz schlossen, kamen die Strömungen richtig in Gang.

Ozeanströmungen bestimmen massiv unser Klima – der Golfstrom transportiert beispielsweise so viel Wärme aus dem tropischen Atlantik Richtung Nordosten, dass die Winter im nördlichen Europa im Verhältnis zu den Breitengraden relativ mild und feucht sind. Dieser Wärmetransport führt im Südatlantik gleichzeitig zu einer Abkühlung, ein Prozess, den man auch als Wärmepiraterie bezeichnet.

Wie entwickelten sich die Atlantikströmungen?

Allerdings ist der Verlauf der globalen Ozeanströmungen, wie wir sie heute kennen, geologisch gesehen relativ jung. Er hat sich vor rund sechs bis zweieinhalb Millionen Jahren entwickelt, in der erdgeschichtlichen Epoche des Pliozäns. Eine entscheidende Rolle dabei spielten Bewegungen der Erdplatten, bei denen sich Meeresstraßen wie beispielsweise zwischen Nord- und Südamerika geöffnet und geschlossen haben.

Wie genau sich die heutige Wärmepiraterie des Nordatlantiks im Zuge der tektonischen Veränderungen entwickelt hat, war bisher aber unzureichend bekannt. Cyrus Karas vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und dem Lamont Doherty Observatory und seine Kollegen haben dies nun auf Basis von Tiefseebohrungen im Nord- und im Südatlantik genauer untersucht.

Foraminiferen als Zeitzeugen

In den Bohrkernen aus dem Meeresboden finden sich die Fossilien ehemals im Ozean lebender einzelliger Mikroorganismen. „Wenn man diese sogenannten Foraminiferen isotopengeochemisch und spurenanalytisch untersucht, erlauben die Daten uns mit hoher Genauigkeit die physikalischen Randbedingungen vergangener Ozeane, zum Beispiel die Meerestemperaturen, zu rekonstruieren“, erklärt Karas.

Das Bohrschiff Joides Resolution gewinnt Bohrkerne durch marine Tiefbohrungen. © William Crawford/ IODP

„Unsere Studie zeigt, dass die tektonischen Änderungen in der Straße von Gibraltar im Mittelmeer, die Ausbildung der Mittelamerikanischen Landbrücke sowie die Verengung des Indonesischen Seeweges zeitlich nacheinander immense Auswirkungen auf die globale ozeanische Umwälzzirkulation hatten, und somit auch auf die Temperaturen im Nord und Südatlantik“, berichtet Koautor Dirk Nürnberg vom GEOMAR.

Erst Gibraltar, dann Panama

Es begann mit einer Veränderung des Mittelmeer-Durchstromes vor etwa 5,3 Millionen Jahren. Sie schwächte zunächst die atlantische Umwälzzirkulation, was eine Erwärmung des Südatlantiks im Vergleich zum Nordatlantik nach sich zog. Dann jedoch verengte sich vor 4,8 bis 3,8 Millionen Jahren auch die Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik in Zentralamerika, bis die Landbrücke von Panama ganz geschlossen war.

Diese Trennung von Pazifik und Atlantik verstärkte den Golfstrom, wie die Forscher an den fossilen Foraminiferen ablesen konnten. Das wiederum führte zu einer Erwärmung des Nordatlantiks um rund zwei Grad Celsius auf Kosten des Südatlantiks, dem diese Wärme entzogen wurde. Bis heute sorgt dies für einen Wärmetransport nach Norden und die „Wärmepiraterie“ dies Nordatlantiks. Vor rund 3,8 bis drei Millionen Jahren engte sich dann der Indonesische Seeweg ein und schwächte die globale Umwälzzirkulation leicht ab.

„Diese Ergebnisse belegen, wie lokale tektonische Veränderungen die Temperaturen im Nord- und Südatlantik nachhaltig veränderten und somit direkten Einfluss auf das globale Klima hatten“, sagt Karas. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/srep39842)

(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 24.01.2017 – NPO)

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