Rätselhafte Wärmeschwemme: Obwohl der letzte El Nino gerade erst vorüber ist, erlebt Peru schon wieder El Nino-ähnliche Klimakapriolen mit entsprechend aufgeheiztem Ozean und sintflutartigen Regenfällen. Aber warum? Noch streiten Klimaforscher darüber, ob sich hier ein neuer El Nino ankündigt. Auch über die Ursachen für diese anomal schnelle Wiederkehr eines zu warmen Pazifiks lässt sich bisher nur spekulieren.
Normalerweise tritt das Klimaphänomen El Nino alle drei bis sieben Jahre auf – immer abwechselnd mit seiner „kalten“ Schwester La Nino. Durch abgeschwächte Passatwinde und verlagerte Strömungen erwärmt sich dabei der tropische Ostpazifik stärker als normal, gleichzeitig werden überregionale Wettermuster gestört. Als Folge kommt es zu extremen Regenfällen entlang der Westküste Nord- und Südamerikas und zu Hitzewellen und Dürren in Australien und Asien.
Klimaforscher sagen schon seit längerem voraus, dass sich die El Nino Southern Oscillation (ENSO) durch den Klimawandel verstärken wird. Extreme El Nino-Ereignisse wie zuletzt im Jahr 2015/2016 könnten einigen Prognosen nach künftig doppelt so häufig auftreten, andere Wissenschaftler halten sogar eine dauerhafte El Nino-Lage für möglich.
Extremwetter in Peru
In diesem Kontext gibt die aktuelle Situation in Peru Rätsel auf: Das Land erlebt seit Anfang März die schwersten Regenfälle der letzten 20 Jahre. Bei einigen Regenstürmen fiel die Rekordrate von mehr als 137 Millimeter Regen pro Stunde, wie NASA-Forscher ermittelten. Die Folge dieser Starkregen Erdrutsche und verheerende Überschwemmungen, unter anderem in der peruanischen Hauptstadt Lima. Mindestens 75 Menschen kamen bereits ums Leben.
Dass diese Wetterkapriolen an die Lage bei einem El Nino erinnern, ist dabei kein Zufall. Auch momentan ist das Meer vor der peruanischen Küste um mindestens fünf Grad wärmer als normal. Das ist ähnlich wie bei einem El Nino, aber lokal begrenzter. Peruanische Meteorologen sprechen daher bereits von einem „Küsten“-El Nino – einem in der Fachsprache eigentlich nicht existierenden Begriff.
Schwache La Nina und anomale Winde
Die große Frage ist jedoch: Könnte sich hier ein neuer El Nino ankündigen – so kurz nach dem letzten? Die Forscher sind sich in dieser Frage uneins. Klar scheint, dass die La Nina – eine besonders kühle Phase nach dem El Nino – im Jahr 2016 sehr schwach und kurz ausfiel. Schon im November 2016 stuften Klimaforscher den Zustand des Pazifiks wieder als ENSO-neutral ein.
Klar scheint auch, dass ein Großteil des tropischen Pazifik bisher weitgehend normale Wassertemperaturen aufweist. Die anomale Erwärmung ist bisher auf das Meeresgebiet vor der Küste Perus beschränkt. Allerdings berichtet die US-Meeresforschungsbehörde NOAA über erste überregionale Veränderungen bei den Windverhältnissen: Über dem Ostpazifik sind Ostwinde schwächer als normal, westliche Winde in größerer Höhe haben sich zudem stärker in östliche Richtung gedreht.
El Nino noch in diesem Sommer?
Theoretisch könnten solche Veränderungen einen herannahenden El Nino ankündigen. Das Problem dabei: Zu Anfang des Frühlings ist die Vorhersage eines El Ninos besonders schwierig, Meteorologen sprechen deshalb sogar von einer Prognosebarriere. Das australische Büro für Meteorologie hält einen erneuten El Nino dennoch für wahrscheinlich: „Sechs der acht Modelle deuten darauf hin, dass die El Nino-Schwelle im Juli 2017 erreicht sein wird“, heißt es in ihrer Prognose.
Die Wissenschaftler der NOAA sagen bis zum Sommer eher ENSO-neutrale Bedingungen im ‚Pazifik voraus. Doch auch sie verweisen auf Modelle, die für die zweite Jahreshälfte 2017 eine El Nino-Wahrscheinlichkeit von bisher 50 bis 55 Prozent prognostizieren. Sollte der El Nino tatsächlich noch in diesem Jahr eintreten, dann wäre er schon dreimal in Folge mit ungewöhnlich kurzer Pause wiedergekehrt: 2014, 2015/2016 und 2017.
Ist die Pazifische Dekaden-Oszillation schuld?
Das weckt die Frage: Was verursacht diese Häufung der El Ninos? Ist der Klimawandel schuld oder stecken natürliche Klimaschwankungen dahinter? Nach Ansicht von Bill Patzert vom Jet Propulsion Laboratory der NASA könnte tatsächlich eine natürliche Schwankung schuld an den wiederkehrenden Warmphasen des Pazifik sein: die Pazifische Dekaden-Oszillation (PDO).
Im Gegensatz zur ENSO betrifft diese periodische Klimaschwankung primär den Nordpazifik und wechselt in einem langsameren Takt von bis zu 30 Jahren. Seit 2014 ist die PDO in ihrer positiven Phase und damit einem Zustand, der den Nordpazifik wärmer macht – und auch El Ninos fördern kann. So könnte eine seit Monaten bestehende Warmwasserzone nördlich des pazifischen Äquators und rund um Hawaii auf dieses Klimaphänomen zurückgehen.
Nach Ansicht von Patzert spricht einiges dafür, dass die die positive Pazifische Dekaden-Oszillation zumindest mitschuldig ist an den abgeschwächten und verkürzten La Ninas und häufigeren El Ninos. Ob der Klimawandel die Ausprägung der PDO verstärkt und die Warmphase möglicherweise verlängert, ist bisher unklar.
(NASA/GSFC, NOAA, ABM, 27.03.2017 – NPO)