Archäologie

Historisches Karten-Fragment entdeckt

Biblische Karte aus dem 16. Jahrhundert lag vergessen im Archiv

Sie lag vergessen im Bibliotheksarchiv: Martin Scheuplein mit der historischen Karte © Maike Glöckner / MLU

Einmaliger Fund: In Halle haben Forscher ein extrem seltenes Kartenfragment aus dem 16. Jahrhundert entdeckt. Es handelt sich um eine geografische Darstellung biblischer Orte und Ereignisse. Die Karte gehörte ursprünglich zu einem zwölfteiligen niederländischen Kartenwerk, von dem bisher weltweit nur zwei Kartenteile bekannt waren. Wie das nun im Archiv aufgespürte dritte Kartenstück einst nach Halle kam, ist allerdings bislang ungeklärt.

Eigentlich wollten die Mitarbeiter der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle nur Inventarisierungs-Arbeiten in der Kartensammlung durchführen, als ihnen ein ungewöhnliches Fundstück in die Hände fiel: Ein Kartenausschnitt der augenscheinlich ein Gebiet im Nahen Osten zeigte, dabei aber gleich mehrere Besonderheiten aufwies und sehr alt schien. Das Kartenfragment war in etwa so groß wie ein DIN-A3-Blatt und in historischem Niederländisch und Latein gehalten.

Teil eines Werks aus dem Jahr 1540

„Wir konnten es nicht zuordnen und wollten mehr über seinen Ursprung erfahren“, berichtet Martin Scheuplein von der Landesbibliothek. Auch eine Anfrage bei den Spezialisten der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin brachte keine neuen Erkenntnisse. Erst als ein Experte für historische Karten aus den Niederlanden in Amsterdam sich der Sache annahm, zeigte sich die Bedeutung dieses Fundes.

Es stellte sich heraus: Bei dem Fragment handelt es sich um einen Teil der aus zwölf Blättern bestehenden „Karte des Heiligen Landes“ des niederländischen Künstlers Herman van Borculo. Sie wurde wahrscheinlich um das Jahr 1540 angefertigt. Bisher waren weltweit nur zwei Teile dieses Werks von Borculo bekannt, eines wird in der British Library in London aufbewahrt, das andere ist in Privatbesitz. Jetzt wurde in Halle ein drittes Fragment gefunden.

Biblische Orte und Ereignisse statt Städte und Landmarken: So sieht die Karte aus dem Jahr 1540 aus. © Maike Glöckner / MLU

Mehr geistlicher als geografischer Wegweiser

Anders als herkömmliche Landkarten diente die „Karte des Heiligen Landes“ von Borculo nicht zur Navigation. So sind die Entfernungen der Orte untereinander geografisch nicht korrekt dargestellt. „Typisch für die damalige Zeit ist auch, dass die Karten nicht nach Norden ausgerichtet sind, sondern nach Osten – zum Heiligen Land“, erklärt Scheuplein. Zudem sind die auf der Karte gezeigten Menschen genauso groß wie die Orte dargestellt.

„Als Wegweiser kann man die Karte sicher nicht benutzen“, sagt der Geograph. „Stattdessen werden auf der Karte wichtige Szenen und Orte der Bibel illustriert.“ Solche fiktiven Karten wurden häufig eingesetzt, um Erzählungen zu illustrieren oder Pilgerreisen zu beschreiben. Zu sehen ist zum Beispiel eine Szene, in der Jesus einen Taubstummen heilt oder die Legende des Heiligen Georgs, der einen Drachen tötet. An einigen Zeichnungen finden sich zusätzlich Hinweise auf die entsprechenden Stellen in der Bibel.

Wie hoch der Wert des Fundstückes ist, lässt nach Angaben der Kartenexperten nur schätzen. „Angesichts der Seltenheit dieser Karten ist sie unbezahlbar“, sagt Scheuplein. Er und seine Kollegen wollen nun das wertvolle Kartenfragment weiter untersuchen und dazu auch ihre Kollegen aus der British Library in London hinzuziehen.

(Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 29.03.2017 – NPO)

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