Sonnensystem

Jupiter: „Großer Kalter Fleck“ entdeckt

Anomalie in der oberen Atmosphäre ist so groß und beständig wie der berühmte Große Rote Fleck

24.000 Kilometer lang und 12.000 Kilometer breit: in der oberen Atmosphäre des Jupiter haben Forscher einen gigantischen Kalten Fleck entdeckt. (gestrichelter Kasten) © Tom Stallard/ University of Leicester

Überraschende Entdeckung: Der Gasplanet Jupiter besitzt neben seinem Großen Roten Fleck noch eine weitere gigantische Wetteranomalie: einen „Großen Kalten Fleck“ in der oberen Atmosphäre. Diese Zone ungewöhnlich tiefer Temperaturen ist fast genauso groß und beständig wie der Rote Fleck, liegt aber beträchtlich höher. Eine langlebiges Wetterphänomen in dieser Höhe sei bisher einzigartig im Sonnensystem, so die Forscher.

Der Gasriese Jupiter ist der mit Abstand größte Planeten im Sonnensystem – und einer der noch immer rätselhaftesten. Denn er ist eine Welt der Extreme: Rasende Stürme jagen durch seine Atmosphäre und erzeugen farbige Wolkenbänder und Wirbel wie den berühmten Großen Roten Fleck. Seine obere Atmosphäre dagegen ist ungewöhnlich heiß und von Polarlichtern und geisterhaften Geräuschen erfüllt.

Jetzt haben Planetenforscher eine weitere Anomalie in Jupiters oberer Atmosphäre entdeckt: einen gigantischen kalten Fleck. Aufgespürt haben ihn Tom Stallard von der University of Leicester und seine Kollegen durch Infrarotaufnahmen des Very Large Telescope in Chile und des InfraRed Telescope der NASA.

Riesig groß und ungewöhnlich kalt

Der „Große Kalte Fleck“ ist rund 24.000 Kilometer lang und 12.000 Kilometer breit, wie die Forscher berichten. Er ist damit fast so groß wie der Große Rote Fleck in der unteren Atmosphäre. In den Wärmebildern der Teleskope erscheint die neuentdeckte Anomalie dunkel, weil in ihr die Temperatur rund 200 Grad niedriger liegt als in der ansonsten 400 bis 720 Grad heißen oberen Atmosphäre.

„Dies ist das erste Mal, dass wir überhaupt ein Wetterphänomen in der oberen Atmosphäre des Jupiter beobachtet haben – abgesehen von den hellen Polarlichtern des Planeten“, erklärt Stallard. „Der Große Kalte Fleck ist sehr viel veränderlicher als der sich nur sehr langsam verändernde Große Rote Fleck: Innerhalb von nur Tagen bis Wochen wechselt er dramatisch seine Form und Größe.“

Tom Stallard berichtet über den Großen Kalten Fleck des Jupiter und wie er entdeckt wurde.© University of Leicester

Präsent schon seit tausenden von Jahren?

Trotz dieser Variabilität ist auch der Große Kalte Fleck aber erstaunlich langlebig: Seit mindestens 15 Jahren steht er an immer der gleichen Stelle in Jupiters Atmosphäre, wie die Auswertung älterer Infrarotaufnahmen ergab. „Damit ist diese Anomalie durchaus vergleichbare mit den langlebigen Wettersystemen in der tieferen Atmosphäre des Planeten wie dem Großen Roten Fleck“, sagt Stallard.

Die Astronomen vermuten, dass das Magnetfeld des Jupiter und die Polarlichter die Kältezone in der Thermosphäre des Jupiter verursachen. Die leuchtenden Entladungen der Auroren entziehen dieser Schicht offenbar stellenweise Wärme und erzeugen so den Kalten Fleck. „Wahrscheinlich entsteht diese Zone dadurch immer wieder neu“, sagt Stallard. „Sie könnte schon so alt sein wie die Polarlichter – vielleicht viele tausend Jahre alt.“

Einzigartig im Sonnensystem

Den Grund für die Langlebigkeit des Kalten Flecks sehen die Forscher in zwei entscheidenden Unterschieden zwischen den Auroren auf der Erde und auf dem Jupiter: „Die Polarlichter der Erde werden durch die Sonnenaktivität hervorgerufen, während sie auf dem Jupiter durch Gaseinstrom vom Vulkanmond Io verursacht sind – und dieser ist langsam, aber stetig“, erklärt Stallard.

Die Polarlichter des Jupiter sind wahrscheinlich an der Bildung des Kalten Flecks beteiligt. © Joseph DePasquale / Chandra X-Ray Center

Der zweite Unterschied liegt in den atmosphärischen Strömungen der äußeren Gashülle beider Planeten: „Auf der Erde verteilen diese Strömungen die Hitze sehr schnell um den gesamten Planeten und erzeugen Schwingungen in der gesamten oberen Atmosphäre“, so Stallard. Das durchmischt diese Schicht so stark, dass sich lokale Anomalien nicht lange halten können.

Der Jupiter jedoch rotiert so schnell, dass die Energie in der Nähe der Pole gefangen bleibt und sich die Thermosphäre weniger stark durchmischt, wie die Forscher erklären. Dadurch können von Polarlichtern erzeugte lokale Wettersysteme entstehen. „Dies ist der erste Beleg für einen langlebigen thermosphärischen Vortex im gesamten Sonnensystem“, berichten die Wissenschaftler.

Forscher erwarten noch mehr Überraschungen

Stallard und seine Kollegen vermuten, dass sich in der oberen Atmosphäre des Gasriesen noch weitere Überraschungen verbergen könnten. Sie hoffen, dass vor allem die Raumsonde Juno, die den Jupiter zurzeit umkreist, mehr Aufschluss über den neuen Großen Kalten Fleck, aber auch mögliche weitere Wetterphänomene liefern kann. (Geophysical Research Letters, 2017; doi: 10.1002/2016GL071956)

(University of Leicester, American Geophysical Union, 13.04.2017 – NPO)

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