Bakterien den Garaus machen: Das kann Antibiotika nur gelingen, wenn sie ins Zellinnere der Keime vordringen. Forscher haben nun herausgefunden, welche Eigenschaften chemischen Verbindungen diese wichtige Fähigkeit verleihen. Im Experiment hat sich ihr „Bauplan“ bereits bewährt. Durch gezielte Modifikationen veränderten sie einen Wirkstoff gegen grampositive Bakterien so, dass er auch die nur schwer zu durchdringende Zellwand gramnegativer Erreger meisterte. Künftig könnten die Ergebnisse bei der Suche nach neuen Antibiotika helfen, schreibt das Team im Fachmagazin „Nature“.
Antibiotika galten lange als die beste Waffe der Medizin gegen bakterielle Erreger. Mittlerweile werden viele dieser Mittel jedoch zunehmend unwirksam. Denn weltweit entwickeln immer mehr Keime Resistenzen dagegen – auch bei uns in Europa. Viele Bakterien, darunter der Krankenhauskeim MRSA oder die ESBL-Bakterien, sind sogar schon gegen mehrere Wirkstoffklassen immun. Angesichts dieser Entwicklung hat die Weltgesundheitsorganisation erst kürzlich eindringlich zur Erforschung neuer Alternativen aufgerufen.
Doch die Suche nach potenziellen Antibiotika gestaltet sich schwierig. Vor allem gegen gramnegative Bakterien wie Escherichia coli oder Pseudomonas aureginosa gibt es kaum vielversprechende Kandidaten. Das Problem: Ihre äußere Zellmembran ist – anders als bei grampositiven Keimen – so beschaffen, dass sie für Wirkstoffe kaum zu durchdringen ist. „Mittel, denen dies doch gelingt, verschaffen sich meist über ein bestimmtes Türchen in der Membran Zugang: ein sogenanntes Porin“, sagt Paul Hergenrother von der University of Illinois in Urbana. Es seien jedoch nur eine Handvoll von Wirkstoffklassen bekannt, denen der Zugang auf diese Weise gelingt.
Moleküle im Test
Der Wissenschaftler und seine Kollegen um Studienleiterin Michelle Richter haben nun systematisch untersucht, welche Eigenschaften eine chemische Verbindung benötigt, um die Hürde zu passieren und es ins Innere der Erreger zu schaffen. Kurzum: Welche Formel könnte zu erfolgreichen Antibiotika gegen gramnegative Bakterien führen? Um das herauszufinden, testete das Team zunächst eine Vielzahl komplexer Moleküle exemplarisch am E. coli-Keim. Die Wirkstoffe stammten ursprünglich von Pflanzen oder Mikroben aus der Natur, waren aber im Labor modifiziert worden.