Technik

Skurril: Folie als Lautsprecher und Mikrofon

Lässt die neue Technologie bald Zeitungen sprechen?

Der Erfinder Nelson Sepulveda präsentiert seine vielseitig einsetzbare FENG-Folie. © Michigan State University

Erstaunlich vielseitig: Ein ultra-flaches und flexibles Blech erzeugt nicht nur durch Verbiegen Strom – es kann auch Töne aufnehmen und abspielen. Dies haben seine Erfinder bereits demonstriert, indem sie eine Flagge in einen Lautsprecher verwandelt und ein Stimmenerkennungsprogramm mit dem Gerät betrieben haben. Auch eine sprechende Tageszeitung könnten sich die Entwickler mit ihrer neuen Technik vorstellen, wie sie im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten.

Nach intelligenter Kleidung und singenden Plakaten steht nun die nächste revolutionäre wie skurrile Technik in den Startlöchern: Eine unscheinbar aussehende Folie kann Töne erzeugen und aufnehmen. Das von den Erfindern um Nelson Sepulveda von der Michigan State University in East Lansing entwickelte Hightech-Material ist ein sogenannter Ferroelektret-Nanogenerator, kurz FENG.

Es ist aus verschiedenen Schichten wie Silizium, Silber oder speziellen Kunststoffen aufgebaut, zwischen denen elektrisch geladene Ionen eingelagert sind. Indem das Material verformt wird, kann damit Strom erzeugt werden.

Strom bei Tastendruck

Dies hatten die Forscher bereits 2016 präsentiert. Damals trieben die Entwickler beispielsweise eine kabellose Tastatur an, die den Strom für das Senden der Buchstaben zum Bildschirm bei jedem Tastendruck selbst erzeugte. „Das ist der erste Umformer, der ultradünn, flexibel, skalierbar und bidirektional ist, das heißt er kann mechanische Energie in elektrische umwandeln und umgekehrt“, erklärte Sepulveda damals. Doch nun hat das Team entdeckt, dass der FENG sogar mehr kann, als „nur“ mechanische und elektrische Energie umzuwandeln.

Mit der dünnen FENG-Folie lässt sich durch Verbiegen Strom erzeugen.© Rajamanickam Antonimuthu

Mikrofon zur Stimmerkennung

Tatsächlich eignet sich die dünne Folie auch hervorragend als Mikrofon, wie die Forscher herausfanden. Um das zu demonstrieren, entwickelten sie ein Stimmerkennungsprogramm, welches als Sicherheitstool einen Computer vor Fremdzugriff schützen sollte. Der FENG diente dabei als Mikrofon.

„Das Gerät ist so empfänglich für Vibrationen, dass es die feinen Frequenzmuster der menschlichen Stimme einfängt“, berichtet Sepulveda. So verhinderte das Stimmerkennungsprogramm im Test erfolgreich, dass fremde Nutzer den PC bedienten.

Musikalische Flagge

Aber nicht nur das Aufnehmen von Tönen ist mit hoher Präzision möglich, wie das Team betont. Auch die umgekehrte Verwendung als Lautsprecher haben die Forscher bereits getestet. Dazu bauten sie den FENG in eine Flagge ein, schlossen einen Verstärker an und ließen kristallklare Musik aus dem Stoff ertönen.

„Die Flagge selbst wurde zum Lautsprecher“, berichtet Sepulveda. „In Zukunft könnten wir herkömmliche Lautsprecher, die groß und sperrig sind und eine Menge Strom verbrauchen, gegen solche äußerst flexiblen, dünnen, kleinen Geräte austauschen.“

Sprechende Zeitung?

Sepulveda fallen schon jetzt weitere potentielle Einsatzmöglichkeiten für den FENG ein: „Stellen Sie sich vor, Sie könnten eines Tages einen federleichten Lautsprecher aus ihrer Tasche ziehen, ihn einfach an die Wand kleben und eine Ansprache in einen Raum voller Leute übertragen.“

„Oder stellen Sie sich eine Tageszeitung vor, bei der die Blätter gleichzeitig Mikrofon und Lautsprecher sind“, ergänzt der Wissenschaftler. „Sie könnten tatsächlich eine stimmenaktivierte Zeitung haben, die zu Ihnen spricht.“ (Nature Communications, 2017; doi: 10.1038/NCOMMS15310)

(Michigan State University, East Lansing, 16.05.2017 – CLU)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Gorgonopsier

Frühester Säugetier-Urahn lebte auf Mallorca

Erster Doppelstern am Schwarzen Loch entdeckt

Warum Taxifahrer seltener an Alzheimer sterben

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Plastisch, elastisch, fantastisch - Ohne Kunststoffe geht es nicht Von Georg Schwedt

Alles über Strom - So funktioniert Alltagselektronik von Christian Synwoldt

Nanotechnologie und Nanoprozesse - Einführung, Bewertung von Wolfgang Fahrner

Top-Clicks der Woche