Alarmanlage aus Viren: Forscher haben künstliche Viren gebaut, die gezielt gegen Krebserkrankungen eingesetzt werden können. Diese Designerviren alarmieren das Immunsystem und leiten es an, Killerzellen in den Kampf gegen den Krebs zu schicken. Damit bildet die Methode eine Grundlage für neuartige Krebstherapien, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten.
Krebserkrankungen stellen noch immer eine medizinische Herausforderung dar. Die klassische Behandlung mittels Chemotherapie ist höchst belastend für den Patienten, so dass fieberhaft an neuen Möglichkeiten geforscht wird, die Erkrankung erfolgreich zu bekämpfen. Neben frühzeitigen Diagnoseverfahren über eine Blutprobe oder die Atemluft wird auch am Einsatz von Nanobots gegen den Krebs geforscht.
Fehlende Immunreaktion
Ein Grund, warum Krebszellen so schnell und ungehindert wuchern können, ist die mangelnde Immunabwehr des Körpers. Denn die meisten Krebszellen hemmen die körpereigene Abwehr und können daher ohne merkliche Gegenwehr wachsen. Ganz anders bei Virusinfektionen: Die eindringenden Viren führen im Körper zur Freisetzung von Alarmsignalen, worauf das Immunsystem alle verfügbaren Mittel zum Kampf gegen den Eindringling einsetzt.
Um das Abwehrsystem des Körpers zu „enthemmen“, werden seit einigen Jahren erfolgreich Immuntherapien zur Krebsbehandlung eingesetzt. Dadurch wird der halbherzig geführte Kampf des Immunsystems gegen die Krebszellen verstärkt. Doch das Immunsystem so anzustacheln, dass es spezifisch, gezielt und mit aller Kraft gegen Krebszellen vorgeht, blieb bislang ein weitgehend unerreichtes Ziel.
Ein Virus als Alarmsonde
Forschern um Sandra Kallert von der Universität Basel ist es nun gelungen, neuartige Designerviren herzustellen, die genau dies bewirken sollen. Die Wissenschaftler haben die künstlichen Viren aus einem Virus entwickelt, welches Nagetiere, aber auch Menschen befallen kann. Dieses lymphozytäre Choriomeningitis-Virus (LCMV) war für Mäuse zwar ungefährlich, löste bei ihnen aber die für Virusinfektionen typischen Alarmsignale aus. Zudem bauten die Biomediziner den Viren besondere Proteine ein, die sonst nur in Krebszellen vorkommen.
Als die Forscher krebskranke Mäuse mit dem Designervirus infizierten, konnte deren Immunsystem diese Krebsproteine nun als gefährlich erkennen. Die einzigartige Kombination von Alarmsignalen und den Proteinen der Krebszellen brachte das Immunsystem dazu, eine schlagkräftige Armee von Killerzellen herzustellen, sogenannten zytotoxischen T-Lymphozyten. Diese konnten die Krebszellen anhand ihres Eiweißes gezielt erkennen und erfolgreich bekämpfen.
Grundlage für neue Therapien?
Die Behandlungsmöglichkeiten für Krebspatienten haben sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Dennoch sprechen viele Krebsarten nach wie vor unzureichend auf die derzeit verfügbaren Therapien an, wie die Forscher berichten.
„Wir erhoffen uns, dass unsere neuen Erkenntnisse und Technologien bald in der Krebstherapie Anwendung finden und einen Beitrag leisten, die Behandlungserfolge bei Krebs weiter zu steigern“, erklärt Koautor Daniel Pinschewer. (Nature Communications, 2017; doi: 10.1038/NCOMMS15327)
(Universität Basel, 29.05.2017 – CLU)