Das überrascht selbst Forscher: Unser Gehirn stuft selbsterzeugte Pseudo-Informationen als verlässlicher ein als echte Sinneseindrücke – zumindest wenn es um die optische Wahrnehmung geht. Belege dafür liefert ein Experiment zum blinden Fleck – dem blinden Bereich in unserem Sehfeld, den das Gehirn selbst mit Inhalt füllt. Probanden erschien ein Muster vollständiger, wenn es dort leer war und erst vom Gehirn ergänzt wurde – entgegen den Erwartungen der Wissenschaftler.
Unsere Wahrnehmung ist manipuliert – von unserem eigenen Gehirn. Denn wie wir beispielsweise Gesichter, Objekte, Farben oder Bewegung sehen, hängt von unseren Erwartungen und Vorurteilen, den Hormonen und auch von unserem Geschlecht ab. Unser Gehirn ergänzt zudem unvollständige oder undeutliche Informationen und erzeugt so eher eine Interpretation als ein reales Abbild der Wirklichkeit. Im Extremfall gaukelt es uns so sogar Sinnesreize vor, die nicht da sind – bei Halluzinationen.
Ganz konkret zeigt sich dies an unserem blinden Fleck – der Stelle, an der der Sehnerv in die Netzhaut einmündet. Weil wir an dieser Stelle blind sind, füllt das Gehirn diese Stele in unserem Sehfeld auf: Es füllt ihn durch Sehinformationen der umliegenden Netzhautbereiche. „Dadurch fällt uns keine Lücke auf“, erläutert Peter König von dem Institut für Kognitionswissenschaften der Universität Osnabrück.
Blinder Fleck im Test
Unklar war aber bisher, wie unser Gehirn solche selbstergänzten Informationen bewertet: Stuft es sie als weniger verlässlich ein – weil sie ja schließlich nicht auf realen Reizen beruhen – oder tut es das nicht. „Ob wir uns überhaupt bewusst sind, dass so eine Information nicht vertrauenswürdig ist, war bisher vollkommen unklar“, erklärt König.