Rätsel gelöst? Im Jahr 1586 traf ein starker Tsunami die Nordostküste Japans. Doch was ihn verursachte, war bisher unbekannt. Jetzt haben Forscher erstmals Hinweise auf das auslösende Erdbeben gefunden. Demnach kommt am wahrscheinlichsten ein Starkbeben in den östlichen Aleuten als Urheber in Frage. Nur ein solches Ereignis hätte in Japan und auf Hawaii ausreichend starke Fluten verursachen können, so die Forscher.
Die Sanriku-Küste im Nordosten Japans gehört zu den am häufigsten von Tsunamis getroffenen Regionen Japans. Sie liegt nicht nur parallel zu einer der aktivsten Verwerfungen vor der japanischen Küste, ihre zerklüftete Küstenform führt auch dazu, dass sich Flutwellen besonders hoch auftürmen. Beispiele für verheerende Tsunamis sind das Meiji-Sanriku-Seebeben des Jahres 1869, bei dem 25 Meter hohe Fluten mehr als 27.000 Menschen töteten. Auch das Tohoku-Seebeben vom März 2011 traf diese Küstenregion besonders stark.
Tsunami mit unbekanntem Auslöser
Einer der Tsunamis an der Sanriku-Küste jedoch gab bisher Rätsel auf: der Sanriku-Tsunami von 1586. Denn dieser aus historischen Aufzeichnungen bekannten Flut konnten Forscher bisher kein auslösendes Erdbeben zuordnen. Sie galt deshalb bisher als „Waisen“-Tsunami. Am ehesten vermuteten Wissenschaftler ein Erdbeben in Peru aus dem gleichen Jahr als Urheber, doch eindeutige Belege fehlten.
Jetzt haben Rhett Butler von der University of Hawaii in Manoa und seine Kollegen sich dieses historischen Rätsels angenommen. Sie rekonstruierten mit Hilfe eines Computermodells historische Erdbeben und deren potenzielle Tsunamis aus dieser Zeit und analysierten Korallenfragmente aus einer Meereshöhle auf Hawaii.
Peru scheidet aus
Dabei zeigte sich: Die hawaiianischen Korallenbruchstücke wurden ebenfalls in der Zeit um 1586 abgelagert – und stammen damit wahrscheinlich vom Sanriku-Tsunami. Nach Ansicht der Forscher spricht dies dafür, dass der Sanriku-Tsunami stark genug war, um auch nicht nur in Japan, sondern auch an anderen Küsten des Pazifiks zerstörerische Flutwellen auszulösen.
Doch das bisher als möglicher Auslöser gehandelte Erdbeben in Peru war zu schwach, um die Fluthöhen und transpazifische Ausbreitung des Sanriku-Tsunami zu erklären: „Die Tsunami-Modellierung ergab, dass ein solches Beben der Magnitude 8 nur Wellenhöhen von sechs Zentimeter in Sanriku verursacht hätte“, berichten Butler und seine Kollegen. Zudem fehlen an der Küste von Peru Spuren eines Tsunamis aus der damaligen Zeit.
War ein Starkbeben in den Aleuten schuld?
Welches Erdbeben könnte dann den Tsunami von 1586 ausgelöst haben? Gegen ein lokales Erdbeben vor der japanischen Küste sprechen zum einen die historischen Überlieferungen, zum anderen die Korallenfragmente auf Hawaii, wie die Forscher erklären. Als sie jedoch verschiedene Bebenszenarien für Alaska, Kamtschatka und die Aleuten überprüften, erwies sich ein Starkbeben der Magnitude 9 und höher in den östlichen Aleuten als wahrscheinlichster Kandidat.
„Ein solches Ereignis könnte in Kombination mit ungünstigen Gezeiten genügend Wassermassen an die Küste bringen, um in Sanriku einen Tsunami zu verursachen“, berichten die Wissenschaftler. „Tsunami-Modelle für ein Erdbeben in den östlichen Aleuten ergeben mittlere Tsunamihöhen von drei Metern mit einem Maximum von bis zu neun Metern.“ Das stimme am ehesten mit den Daten zum Sanriku-Tsunami überein.
Die Suche geht weiter
„Auch wenn es im 16. Jahrhundert noch keine seismischen Aufzeichnungen gab, liefern wir nun erste Indizien für ein Magnitude 9-Erdbeben in den Aleuten“, sagt Butler. Er und seine Kollegen wollen nun nach weiteren Hinweisen auf ein solches Beben im Jahr 1586 suchen. Gleichzeitig appellieren sie an ihre japanischen Kollegen, nach weiteren historischen Aufzeichnungen über den „Waisen“-Tsunami von Sanriku zu suchen. (Natural Hazards, 2017; doi: 10.1007/s11069-017-2902-7)
(University of Hawaii at Manoa, 07.06.2017 – NPO)