Mysteriöses Monument: Zwei prähistorische Kreisanlagen nahe Avebury in England sind älter als bisher gedacht. Eine neue Radiokarbondatierung enthüllt, dass die beiden hölzernen Bauwerke bereits 5.300 Jahre alt sind – und damit rund 800 Jahre älter als das nahegelegene Stonehenge und die Steinkreise von Avebury. Erhalten sind von den beiden Palisadenkreisen nur verkohlte Reste, denn das Monument wurde von seinen Erbauern offenbar im Rahmen einer Zeremonie abgefackelt.
Der Steinkreis von Stonehenge ist das wahrscheinlich berühmteste prähistorische Bauwerk überhaupt. Doch diese Megalith-Anlage ist kein Solitär: Die gesamte Landschaft rund um Stonehenge ist von Grabhügeln, astronomisch ausgerichteten Gräben und weiteren rituellen Bauten durchsetzt. Im nahegelegen Durrington Walls entdeckten Archäologen neben den bekannten Siedlungsresten eine gigantische Steinreihe – eine Art Superhenge.
Rätselhafte Holzmonumente
Auch das 37 Kilometer von Stonehenge entfernte Avebury besitzt gleich mehrere Steinkreise und gehörte zum prähistorischen Zeremonialkomplex dieser Region. Bereits in den 1960er und -70er Jahren wurden im nahegelegenen West Kennet die Überreste zweier hölzerner Kreisanlagen entdeckt. Sie bestanden aus kreisförmigen Gräben, in die aufrechte Holzpalisaden eingelassen waren. Zusammen bilden die beiden Kreise eine vier Kilometer große Anlage.
Seltsam jedoch: Ausgrabungen in den Kreisgräben förderten nur verkohlte Holzreste zutage. Archäologen vermuten, dass die Palisadenkreise von Avebury nur kurze Zeit bestanden und vielleicht sogar explizit dafür erbaut wurden, um in einer Feuerzeremonie wieder verbrannt zu werden. „Diese Anlage ist völlig anders als alles, was wir sonst aus der Vorgeschichte Großbritanniens kennen“, sagt Alex Bayliss von Historic England.
Aus der „dunklen“ Ära
Und noch etwas überrascht: Bisher galten die Kreisanlagen von West Kennet als ungefähr so alt wie Stonehenge. Erste Radiokarbondatierungen in den 1980er Jahren datierten die verkohlten Palisadenreste auf ein Alter von rund 4.500 Jahren. Jetzt jedoch haben Archäologen unter Leitung von Alasdair Whittle von der Cardiff University die Überreste mit Hilfe moderner Methoden erneut datiert.
Das überraschende Ergebnis: Die West Kennet Enclosures sind rund 5.3000 Jahre alt und entstanden demnach bereits rund 800 Jahre vor Stonehenge. Das Spannende daran: Die Kreisanlagen stammen damit aus einer „dunklen“ Ära der britischen Vorgeschichte – einer Zeit, aus der bisher kaum Überreste bekannt sind. „Es gibt jede Menge Funde aus der Zeit 700 Jahre davor und 700 Jahre danach, aber so gut wie nichts aus der Zeit dazwischen“, erklärt Bayliss.
Bedeutend schon Jahrhunderte vor Stonehenge
Die neue Datierung belegt, dass die Region rund um Stonehenge und Avebury schon ein knappes Jahrtausend vor Errichtung der berühmten Steinkreise eine große rituelle Bedeutung für die Bewohner der Region gehabt haben muss. Darauf deutet auch ein Hügelgrab hin, das ganz in der Nähe der beiden neudatierten Palisadenkreise liegt. Das West Kennet Long Barrow wurde rund 400 Jahre vor Stonehenge errichtet.
Die Archäologen entdeckten zudem Reste einer prähistorischen Siedlung direkt neben den Palisadenkreisen, die aus der Zeit um 2500 vor Christus stammt – und damit aus der Zeit von Stonehenge. Der geheimnisvolle Hügel von Silsbury Hill, der nur wenige hundert Meter entfernt liegt, wurde ebenfalls in dieser Periode errichtet – möglicherweise von den Bewohnern dieser Siedlung. (British Archaeology, 2017)
(Livescsience/ British Archeology, 12.06.2017 – NPO)