Genetik

Schlaflosigkeit liegt auch in den Genen

Schlafstörungen sind nicht nur psychisch bedingt

Schlaflosigkeit ist nicht nur Kopfsache: Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle dabei. © Andrey Popov/ iStock.com

Durchwachte Nächte: Forscher haben erstmals Gene identifiziert, die mit Schlaflosigkeit in Verbindung zu stehen scheinen. Bestimmte Varianten in insgesamt sieben DNA-Abschnitten können demnach die Anfälligkeit für Schlafstörungen erhöhen. Damit wird nun deutlich: Schlaflosigkeit ist – anders als oftmals behauptet – kein rein psychologisches Problem, wie das Team im Fachmagazin „Nature Genetics“ schreibt.

Schlaf ist für unseren Körper und unser Gehirn überlebenswichtig. Doch immer mehr Menschen leiden unter Schlafstörungen und Insomnie. In Deutschland sind es einer aktuellen Untersuchung zufolge sogar 80 Prozent aller Erwerbstätigen – Tendenz steigend. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Neben Stress im Arbeits- und Privatleben, können auch Lichtverschmutzung, Lärm, warme Nächte und Feinstaub dazu beitragen.

Sieben Gene rauben den Schlaf

Doch nicht nur äußere Umwelteinflüsse können schuld am schlechten Schlaf sein. Wissenschaftler um Anke Hammerschlag von der Freien Universität Amsterdam haben nun erstmals gezeigt, dass auch genetische Faktoren eine Rolle bei diesem Krankheitsbild spielen. Für ihre Studie suchten sie bei 113.006 Probanden nach Zusammenhängen zwischen berichteter Schlaflosigkeit und bestimmten genetischen Varianten im Erbgut.

Das Ergebnis: Tatsächlich stießen die Forscher auf sieben Gene, in denen solche Varianten mit Ein- und Durchschlafproblemen und einer schlechten Schlafqualität in Verbindung zu stehen scheinen. Die identifizierten Abschnitte auf der DNA sind verantwortlich für die Regulierung der Transkription und die sogenannte Exocytose – ein Prozess, bei dem Zellen Moleküle freisetzen, um mit ihrer Umwelt zu kommunizieren.

Zusammenhang mit Depression & Co

Eines der auffälligen Gene ist bereits ein alter Bekannter: Das Gen MEIS1 ist in früheren Untersuchungen bereits mit den Schlaf-beeinträchtigenden Störungen Restless Legs Syndrom (RLS) und Periodic Limb Movement Disorder (PLMS) in Zusammenhang gebracht worden. Interessanterweise sind es bei diesen beiden Krankheitsbildern körperliche Auslöser, die den Schlaf rauben – beim RLS ein Kribbeln und Schmerzen in den Beinen und beim PLMS Bewegungen der Extremitäten im Schlaf.

Bei der klassischen Schlaflosigkeit oder Insomnie ist es dagegen der Kopf, der nachts nicht abzuschalten vermag. Wie das Team berichtet, scheinen viele der sieben Gene zusätzlich anfällig für Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen zu machen. „Das ist ein interessantes Ergebnis, weil diese Störungen oft Hand in Hand mit schweren Schlafproblemen wie der Insomnie gehen“, berichtet Hammerschlag. „Jetzt wissen wir: Das könnte zumindest zum Teil daran liegen, dass die Erkrankungen eine bestimmte genetische Basis teilen.“

„Nicht nur Kopfsache“

Die Ergebnisse zeigten auch, dass bei Männern und Frauen unterschiedliche Genvarianten eine Rolle spielen: „Einige der Varianten waren geschlechtsspezifisch. Das legt nahe, dass bei Frauen und Männern unterschiedliche biologische Mechanismen zur Schlaflosigkeit führen“, sagt Hammerschlags Kollegin Danielle Posthuma.

Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Studie die Anerkennung von Schlafstörungen als Krankheitsbild stärkt und ihr Verständnis verbessert: „Gemessen an der Häufigkeit von Schlafproblemen und den damit verbundenen Risiken, wird zu dem Thema erstaunlich wenig geforscht – vor allem über die Ursachen“, sagt Mitautor Eus Van Someren. „Schlaflosigkeit wird viel zu oft als reine Kopfsache abgetan. Unsere Ergebnisse eröffnen nun eine neue Perspektive.“ (Nature Genetics, 2017; doi: 10.1038/ng.3888)

(Vrije Universiteit Amsterdam, 13.06.2017 – DAL)

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