Medizin

Neue Alzheimer-Medikamente in Sicht?

Gleich 35 neue Wirkstoffe kommen demnächst in klinische Studien der Phasen II und III

In den nächten fünf Jahren werden gleich 35 neue Wirkstoffe gegen Alzheimer in klinischen Studien der Phasen II und III getestet. © Thomas Northcut/ iStock.com

Hoffnung für Alzheimer-Patienten: In den nächsten Jahren werden gleich 35 neue Wirkstoffe gegen Alzheimer am Menschen getestet. 27 dieser Mittel kommen bereits in klinische Studien der Phase III – den letzten großen Test vor der Zulassung. Forscher sind daher vorsichtig optimistisch, dass es bald Medikamente geben könnte, die wenigstens das Fortschreiten der Demenz effektiv bremsen oder gar stoppen.

Alzheimer ist heute eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen weltweit. Allein in Deutschland sind rund 1,3 Millionen Menschen von der fortschreitenden Demenz betroffen – Tendenz steigend. Doch ein Heilmittel oder eine Möglichkeit, den Ausbruch der Krankheit zu verhindern, gibt es bisher nicht. Man kann nur versuchen, die Symptome ein wenig zu lindern, aufhalten lässt sich das Fortschreiten der Demenz aber nicht.

35 neue Wirkstoffe im Test

Doch das könnte sich bald ändern. Die Suche nach Alzheimer-Medikamenten hat in den letzten Jahren erheblich an Fahrt aufgenommen – auch dank neuer Erkenntnisse zum Krankheitshergang und moderner Medizintechnologien. Zwar stecken viele Ansätze noch in den Anfängen und auch einige Rückschläge bei vielversprechenden Mitteln gab es bereits.

Zurzeit stehen jedoch so viele Alzheimer-Medikamente kurz vor ihrer Erprobung bei Patienten wie kaum jemals zuvor. „Die Alzheimer-Pipeline, lange durch Fehlschläge und fehlende Investitionen gebremst, könnte nun vor einigen großen Erfolgen stehen“, sagt George Vradenburg, Mitgründer der Organisation UsAgainstAlzheimer, einem Zusammenschluss von 450 Alzheimerforschern weltweit.

27 Alzheimer-Wirkstoffe könnten noch innerhalb der nächsten fünf Jahre in klinischen Studien der Phase III getestet werden – und damit den letzten Test vor der Zulassung absolvieren. Fünf dieser Studien könnten sogar noch in diesem Jahr beginnen. Acht weitere Mittel stehen kurz vor klinischen Studien der Phase II, wie Vradenburg und seine Kollegen berichten.

Ablagerungen aus Beta-Amyloid-Proteinen gelten einer Theorie nach als Ursache für den Tod von Gehirnzellen bei Alzheimer. © NIA/NOH

Verschiedene Wirk-Strategien

Etwa die Hälfte der neuen Wirkstoffe setzt an den Amyloid-Plaques an, den Ablagerungen aus fehlgefalteten Proteinen, die sich im Gehirn der Alzheimer-Patienten ansammeln. Der gängigen Hypothese nach gelten sie als Mitursache für das fortschreitende Absterben von Hirnzellen. Als Wirkstoffe werden daher Antikörper, aber auch Enzymblocker erprobt, die die Verklumpung dieser Proteine verhindern sollen.

Die restlichen Wirkstoffe setzen nicht direkt an den Plaques an, sondern sollen die Aktivität bestimmter Neurotransmitter beeinflussen und teilweise das Wachstum neuer Neuronen und Verknüpfungen anregen. Auch der Einsatz von neuronalen Stammzellen zur Förderung des Hirnzellwachstums wird in einigen kommenden Studien getestet. „Wenn es um die Therapie von Alzheimer geht, gibt es kein Allheilmittel“, sagt David Morgan von der University of South Florida.

„Vorsichtig optimistisch“

Sollten zumindest einige der klinischen Studien erfolgreich sein, dann könnte dies endlich neue Alzheimer-Medikamente auf den Markt bringen. Denn in Europa hat es seit 2002 keine neuen Zulassungen mehr für entsprechende Mittel gegeben, in den USA gab es keine seit 2003, wie die Forscher berichten. Gleichzeitig ist die Rate der Todesfälle durch Alzheimer um gut 50 Prozent angestiegen.

„Wir sind nun vorsichtig optimistisch, dass der aktuelle Schwung von Wirkstoffen in naher Zukunft die so dringend benötigte Hilfe für Patienten und ihre Familien bringen wird“, sagt Vradenburg. (Alzheimer’s Association International Conference (AAIC) 2017)

(Researchers Against Alzheimer’s, 19.07.2017 – NPO)

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