Kein Mythos: Ein heftiger Schlag auf die Brust kann tatsächlich einen Herzstillstand auslösen – mit tödlichen Folgen. Was bei einer solchen Herzerschütterung passiert, haben nun erstmals Forscher aufgeklärt. Demnach verformt der Schlag wichtige Ionenkanäle in den Herzzellen. Das wiederum löst elektrische Störreize aus, die Kammerflimmern und schließlich einen Herzstillstand verursachen können.
Herzrhythmusstörungen, die durch einen kurzen, harten Schlag – und ohne feststellbare Verletzung des Herzmuskels – ausgelöst werden, bezeichnet man als Herzerschütterung oder Commotio cordis. Ein besonders ungewöhnlicher Fall erregte Mitte Juni weltweite Aufmerksamkeit: Der französischen Bloggerin Rebecca Burger war ein mit Druckluft betriebener Sahnespender explodiert und ein Teil mit großer Wucht gegen den Brustkorb geprallt. Dies führte zu einem Herzstillstand, an dem die junge Frau starb.
Besonders häufig bei Sportlern
Solche Fälle sind glücklicherweise sehr selten: „Zeit, Ort und Stärke des Schlages müssen genau zusammenpassen, damit eine lebensgefährliche Herzerschütterung entsteht“, erklärt Studienleiter Peter Kohl vom Universitäts-Herzzentrum Freiburg. Studien haben gezeigt, dass das Risiko steigt, je kleiner und härter der Schlag auf den Brustkorb ist.
Weil solche Fälle oft beim Sport auftreten, gilt die Herzerschütterung als einer der häufigsten Gründe für einen plötzlichen Herztod bei Sportarten wie Eishockey, Baseball oder Karate. Doch warum ein solcher Schlag so tödliche Folgen hat und was dabei im Herzen passiert, war bisher kaum bekannt. Kohl und seine Kollegen haben dies nun durch Versuche mit Kaninchenherzen erstmals näher erforscht.
Schlag verformt Ionenkanäle
Dabei fanden sie heraus, dass durch die mechanische Reizung des Herzgewebes bestimmte Ionenkanäle in den Herzzellen verformt werden. Diese Kanalproteine in den Zellmembranen werden dadurch undicht. Dadurch strömen Ionen durch die Membran und eine zusätzliche elektrische Erregungswelle wird im Herzen ausgelöst.
Wenn diese Erregung dort entsteht, wo kurz zuvor eine normale Erregungswelle über das Herz gelaufen ist und die Zusatzwelle noch dazu die gleiche Ausbreitungsrichtung hat, kann dies schwerwiegende Folgen haben. „Für die normale Herzfunktion müssen diese Wellen, wie Wasser am Strand, gleichmäßig ein- und auslaufen“, erklärt Alexander Quinn von der Dalhousie University. „Eine Störung der Dynamik kann zu Verwirbelungen führen, die eine koordinierte Pumpfunktion unmöglich machen.“
Herzmassage kann Leben retten
Was aber kann man dagegen tun? „Im Notfall sollten Umstehende sofort Hilfe rufen und mit Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung beginnen“, rät Koautor Hans-Jörg Busch vom Universitätsklinikum Freiburg. „Ist ein externer Defibrillator verfügbar, sollte dieser unbedingt eingesetzt werden. Denn damit ist die Chance sehr hoch, dass das Kammerflimmern beendet werden kann.“ (2017; doi: 10.1161/CIRCEP.116.004777)
(Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen, 10.08.2017 – NPO)