Geniales Patent der Natur: Zugvögel lösen eines der schwierigsten Navigationsprobleme auf erstaunlich raffinerte Weise, wie ein Experiment mit Teichrohrsängern enthüllt. Denn sie erkennen ihre Ost-West-Position an der magnetischen Deklination – der Abweichung zwischen dem magnetischen und geografischen Nordpol. Möglich wird dies, indem die Vögel die Informationen ihres Magnetkompasses mit Ortsinformationen aus dem Sternenhimmel und Sonnenstand vergleichen.
Seefahrer brauchten Jahrhunderte, um dieses Problem zu lösen: die Bestimmung des Längengrads. Während der Breitengrad an der Höhe der Gestirne über dem Horizont ablesbar ist, erfordert die Positionsbestimmung in Ost-West-Richtung komplexere Berechnungen – und eine genaue Zeitmessung. Diese wurde für Seefahrer jedoch erst möglich, als der britische Uhrmacher John Harrison im Jahr 1753 das erste ganggenaue Schiffschronometer erfand.
Wie schaffen das die Zugvögel?
Doch es gibt noch andere Wesen, die seit Jahrtausenden die halbe Welt umrunden: Zugvögel. Einige von ihnen überfliegen regelmäßig den Atlantik, andere fliegen jedes Jahr 14.500 Kilometer von Alaska über die Beringstraße und Asien bis nach Afrika. Die Vögel navigieren dabei vor allem mit Hilfe ihres Magnetkompasses, aber auch anhand des Sonnenstands und der Sterne.
Diese Navigationshilfen jedoch erklären nicht, wie die Zugvögel das Längengradproblem lösen: Wie schaffen sie es, ihren Routen auch in Ost-West-Richtung treu zu bleiben? „Vögel besitzen keinen Sinn für Zeitdifferenzen“, erklären Nikita Chernetsov von der Russischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen. „Daher müssen sie dieses Problem auf andere Weise lösen. Doch wie, war bisher ein wissenschaftliches Rätsel.“