Energie

Klimaanlagen: Abstrahlen statt verdunsten

Kühlsystem mit passiver Wärmeabstrahlung senkt Stromverbrauch für die Klimatisierung

US-Foscher haben ein Material entwickelt, das selbst in praller Sonne mehr Wärme abstrahlt als aufnimmt. Jetzt haben sie daraus ein Kühlsystem konstruiert. © Stanford University

Effektivere Klimatisierung: Ein neues Kühlsystem könnte den Stromverbrauch für Klimaanlagen künftig um rund 20 Prozent senken. Allein durch die Abgabe von Wärmestrahlung senkt das System die Temperatur von Wasser oder Kühlmittel um bis zu fünf Grad – selbst bei praller Sonne. Der Clou daran ist ein spezielles Verbundmaterial, das einfallendes Sonnenlicht fast vollständig reflektiert, aber gleichzeitig Wärme sehr effektiv als Infrarotstrahlung abgibt, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Energy“ berichten.

Mit dem Klimawandel werden die Sommer immer wärmer und die Hitzewellen häufiger. Schon jetzt lässt es sich in vielen Regionen der Erde ohne Klimaanlagen kaum mehr aushalten. Die meisten herkömmlichen Klimaanlagen arbeiten nach dem Prinzip der Verdunstungskühlung. Ein gasförmiges Kühlmittel wird unter Aufheizung der Außenluft abgekühlt und verflüssigt. Dann wird es ins Innere geleitet und wieder verdampft. Die dabei abgegebene Kälte kühlt die Raumluft.

Das Problem: Solche Kühlsysteme sind echte Stromfresser: „Kühlsysteme verbrauchen schon jetzt 15 Prozent des weltweit produzierten Stroms und sind für zehn Prozent aller Treibhausgas-Emissionen verantwortlich“, berichten Eli Goldstein und seine Kollegen von der Stanford University. Zudem erzeugen Klimaanlagen viel Abwärme, die vor allem die Stadtluft zusätzlich aufheizt. „Die Effizienz dieser Systeme zu verbessern ist daher dringend nötig“, sagen die Forscher

Strahlungskühlung statt Verdunstung

Aber wie? Eine effektive Methode der Kühlung macht uns die Erde selbst vor: Sie strahlt überschüssige Hitze als Wärmestrahlung in den Weltraum ab. „Dies geschieht passiv und nutzt die Tatsache, dass die Erdatmosphäre für Strahlung im mittleren Infrarotbereich durchlässig ist“, erklären die Forscher. Diese natürliche Strahlungskühlung funktioniert aber nur in klaren Nächten effektiv – tagsüber macht die aufheizende Sonneneinstrahlung den Effekt zunichte.

Doch Goldstein und seine Kollegen haben jetzt ein System entwickelt, das selbst tagsüber in praller Sonne genügend Wärmestrahlung abgibt, um Wasser oder ein Kühlmittel kühlen zu können. Der Clou daran: Ihre Kühlpaneele bestehen aus einem Verbundmaterial, das das einfallende Sonnenlicht fast komplett reflektiert und sich daher selbst nicht aufheizt. Gleichzeitig aber kann das Material große Mengen Wärmestrahlung an die Umgebung abgeben.

Kühlpaneele beim Test auf dem Dach eines Gebäudes der Stanford University © Aaswath Raman

Bis zu fünf Grad kühler

Die Kühlpaneele bestehen aus einer Silberschicht, die mit einem speziellen, stark reflektierenden Polymer beschichtet ist. Diese Kombination sorgt für fast 100-prozentige Reflexion des Sonnenlichts bei hoher thermischer Abstrahlung. In die Kühlplatte eingebettet liegen spiralig gewundene Kupferleitungen, durch die warmes Wasser oder Kühlmittel fließt. Durch den Kontakt mit dem wärmeabstrahlenden Verbundmaterial wird dem Wasser ein Teil seiner Wärme entzogen.

Wie viel diese Kühlung ausmacht, testeten die Forscher mit drei Kühlplatten-Prototypen auf dem Dach ihres Instituts im kalifornischen Stanford. Das Ergebnis: Selbst bei praller Sonne und 30 Grad Hitze kühlte die Anlage das Wasser um drei bis fünf Grad unter die Umgebungstemperatur ab – passiv, allein durch die Wärmeabstrahlung.

21 Prozent weniger Stromverbrauch

Aber reicht dies auch, um beispielsweise ein ganzes Gebäude zu kühlen? Um das herauszufinden, installierten die Forscher eine Testanlage auf dem Dach eines zweistöckigen Bürogebäudes in Las Vegas – virtuell, in einem Computermodell. In der Simulation waren 60 Prozent der Dachfläche mit den Kühlpaneelen bedeckt. Die durch die Anlage geleitete Wasser-Glykol-Mischung wurde in das Klimasystem des Gebäudes eingespeist. Die Wissenschaftler ermittelten nun, wie viel Strom sich während der heißen Sommermonate durch dieses zusätzliche Passiv-Kühlsystem einsparen ließe.

Das Ergebnis: Während der vier Sommermonate von Mai bis August verbrauchte ihr virtuelles Bürogebäude 14,3 Megawatt Strom weniger als das reale, nur mit konventionellen Klimaanlage gekühlte Vorbild. „Die täglichen Stromeinsparungen reichten dabei je nach Klimabedingungen von 18 bis zu 50 Prozent“, berichten die Forscher. Im Mittel ließ sich der Stromverbrauch für die Gebäudekühlung dadurch um 21 Prozent senken.

Mit Solaranlagen kombinierbar

Das Experiment und die Simulation demonstrieren damit, dass sich die Wärmeabstrahlung dank spezieller Materialien durchaus effektiv zur Kühlung nutzen lässt. Wie die Forscher erklären, könnte sich das Strahlungskühlsystem beispielsweise mit Solaranlagen kombinieren lassen: An den sonnigen Flächen der Dächer wird Strom erzeugt, in schattigen Bereichen dagegen Hitze abgestrahlt.

„Solche radiativen Kühlsysteme repräsentieren eine bisher kaum erkundete Möglichkeit, die Energieeffizienz zu erhöhen“, konstatieren Goldstein und seine Kollegen. Bis ihr System einsatzbereit ist, müssen sie allerdings noch die Technik optimieren und kostengünstiger machen, wie sie einräumen. (Nature Energy, 2017; doi: 10.1038/nenergy.2017.143)

(Nature, 05.09.2017 – NPO)

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