Viel Fett, kaum Kohlenhydrate: Die sogenannte ketogene Diät scheint tatsächlich positiv auf Körper und Gehirn zu wirken – darauf deuten nun gleich zwei Studien mit Mäusen hin. Erhielten die Tiere fettreiches Low-Carb-Futter, lebten sie nicht nur länger, sondern blieben auch im Alter kräftiger und geistig fitter, wie die Forscher berichten. Warum die ketogene Diät diese Effekte hat, ist bisher allerdings nur teilweise geklärt.
Ernährung scheint heute fast schon Glaubenssache: Die einen schwören auf Low-Carb, andere auf Intervallfasten, Mittelmeer-Diät oder Steinzeit-Kost. Welche dieser Ernährungsweisen gesünder ist oder besser beim Abnehmen hilft, darüber herrscht jedoch Uneinigkeit. Studien zeigen zwar, dass zumindest für den Gewichtsverlust das „Was“ weniger wichtig ist als die Kalorienmenge.
Doch in Bezug auf die Gesundheitswirkungen sind die Ergebnisse widersprüchlich. So sprechen einige Studien dafür, dass eine gemüsereiche Mittelmeer-Kost besonders gut gegen den geistigen Abbau helfen könnte. Eine fettreiche Ernährung soll dagegen die Energieversorgung des Gehirns stören und die Muskelfunktion behindern.
Was passiert bei der ketogenen Diät?
Jetzt jedoch deuten zwei Studien mit Mäusen darauf hin, dass das fettige Essen besser sein könnte als sein Ruf – zumindest wenn gleichzeitig auf Kohlehydrate verzichtet wird. Bei dieser sogenannten ketogenen Diät stammen 80 bis 90 Prozent der Kalorien aus Fett. Dies bringt den Körper dazu, ähnlich wie beim Fasten den Stoffwechsel umzustellen: Er verbrennt nun Fett zur Energiegewinnung statt wie sonst Zucker und Kohlehydrate.
Die Leber produziert dabei sogenannte Ketonkörper, chemische Verbindungen, die in den Organen und im Gehirn durch bestimmte Enzyme wieder in den Energieträger Acetyl-CoA zerlegt werden können. Die Ketone scheinen ersten Studien nach positive Wirkungen auf die Gesundheit zu haben, indem sie unter anderem entzündungshemmend wirken. Doch was genau eine ketogene Diät im Körper bewirkt, ist bislang kaum bekannt.
Mäuse auf Keto-Diät
An diesem Punkt setzten nun die neuen Studien an. In ihnen haben zwei Forscherteams untersucht, wie sich eine ketogene Ernährung auf die Langlebigkeit, Kraft und geistige Fitness von Mäusen auswirkt. Dafür bekamen drei Mäusegruppen bei gleicher Kalorienzufuhr entweder eine zu 80 bis 90 Prozent aus Fetten bestehende Kost, das normale, eher kohlehydratlastige Mäusefutter oder eine gemäßigte Low Carb-Diät.
Nach einigen Monaten testete das Team um Megan Roberts von der University of California in Davis die Kraft und Geschicklichkeit der Tiere in Laufrädern, beim Balancieren und dem Festhalten an einem Seil. Außerdem prüften sie die Herzfunktion, Genaktivität und Blutwerte. Das Team um John Newman von der University of California in San Francisco legte den Schwerpunkt auf Tests des Gedächtnisses und der geistigen Fitness. Auch die Lebensdauer der Mäuse wurde ermittelt.
Fitter in Körper und Geist
Das Ergebnis: Die ketogene Kost zeigte in beiden Studien deutlich positive Effekte. So schnitten die fettreich gefütterten Mäuse in den kognitiven Tests klar besser ab als ihre anders gefütterten Altersgenossen: „Die älteren Mäuse mit der ketogenen Diät hatten sogar ein besseres Gedächtnis als normal ernährte jüngere Mäuse“, berichtet Newmans Kollege Eric Verdin. „Dieser Effekt ist wirklich spannend.“
Ähnlich positiv waren die Wirkungen auf die körperliche Fitness und Langlebigkeit der Mäuse: Die ketogen ernährten Tiere hatten im Alter mehr Kraft und Ausdauer als ihre Altersgenossen und lebten auch länger. „Wir haben zwar einige Unterschiede erwartet, aber das Ausmaß hat mich überrascht“, sagt Jon Ramsey aus dem Team von Roberts. „Die Mäuse lebten im Mittel 13 Prozent länger – auf den Menschen übertragen entspricht dies sieben bis zehn Jahren.“
Auf den Menschen übertragbar?
Doch so positiv diese Ergebnisse sind – auf den Menschen sind sie nur bedingt übertragbar. Ein Problem dabei: Die ketogene Diät ist extrem unausgewogen. Damit sie funktioniert, muss man so gut wie alle Kohlenhydrate meiden – was für die meisten Menschen im Alltag kaum umsetzbar sein dürfte.
Zudem muss sehr darauf geachtet werden, dass mit dem vielen Fett nicht zu viele Kalorien zusammenkommen – und dass kein Mangel an lebensnotwendigen Nährstoffen und Vitaminen auftritt. Die Wissenschaftler betonen daher, dass es nicht ratsam sei, diese drastische Ernährungsumstellung ohne Rücksprache mit einem Arzt und begleitende Untersuchungen zu beginnen.
Ein weiteres Problem ist, dass längst nicht alle Wirkungen und Nebenwirkungen dieser extremen Diät ausreichend untersucht sind. „Wenn wir eine bessere Vorstellung hätten, welche Mechanismen bei der ketogenen Diät wirken, dann könnte uns das einen Weg eröffnen, wie wir die gleichen Effekte mit weniger restriktiven Mitteln erreichen können“, sagt Ramsey. Dafür aber sind erst noch weitere Studien nötig. (Cell Metabolism, 2017; doi: 10.1016/j.cmet.2017.08.004; doi: 10.1016/j.cmet.2017.08.005)
(Cell Press/ University of California – Davis, Buck Institute for Research on Aging, 06.09.2017 – NPO)