Rätselhafter Ursprung: Die ersten modernen Pockenimpfstoffe enthielten das Kuhpockenvirus – so zumindest dachte man lange Zeit. Die Analyse einer historischen Probe aus dem Jahr 1902 offenbart nun jedoch: Auch Pferdepocken-Erreger wurden offenbar für frühe Vakzine verwendet. Diese Erkenntnis liefert nun neue Einblicke in die Ursprünge eines der erfolgreichsten Impfstoffe der Welt – und könnte Forschern künftig helfen, die Geschichte dieses millionenfachen Lebensretters besser nachzuvollziehen.
Die hochansteckenden Pocken forderten über Jahrhunderte hinweg Millionen Menschenleben. Dass die Krankheit heute als ausgerottet gilt, verdanken wir dem englischen Arzt Edward Jenner. Er entwickelte im 18. Jahrhundert die moderne Pockenimpfung, bei der das Immunsystem mit einer abgeschwächten Form des Erregers konfrontiert wird und so im Falle einer echten Infektion besser vorbereitet ist. Diese sogenannte aktive Immunisierung gilt bis heute als wichtigste Waffe gegen viele Infektionskrankheiten.
Doch keine Kuhpocken?
Lange Zeit waren sich Wissenschaftler einig, dass der von Jenner erfundene Impfstoff ursprünglich das für den Menschen vergleichsweise harmlose Kuhpockenvirus enthielt. Denn der Arzt hatte beobachtet, dass Melkerinnen, die sich an pockenkranken Kühen ansteckten, später immun gegen die menschlichen Pocken waren. Davon inspiriert, spritze er seinen Versuchspersonen ein Serum aus den Bläschen von Kuhpocken in den Körper.
In den 1930er Jahren zeigte eine Analyse eines zu dieser Zeit verwendeten Impfstoffs jedoch, dass dieser keineswegs den Kuhpocken-Erreger enthielt. Doch welches Virus war es dann? Bis heute ist der genaue Ursprung des inzwischen als Vacciniavirus bekannten Erregers unklar. Sicher ist nur, dass er keinen natürlichen Wirt hat und sich mit den humanen Pockenviren und den Kuhpockenviren einen gemeinsamen Vorfahren teilt. Mehr über die Ursprünge des Pockenimpfstoffs offenbart nun ein historisches Vakzin aus dem Jahr 1902.