Gaming gegen die Lese-Rechtschreibschwäche? Wer regelmäßig actionbasierte Computerspiele spielt, fördert damit offenbar auch die eigene Lesekompetenz. Versuche zeigen: Gamer können visuelle Informationen wie Buchstaben besser erfassen und sind Nicht-Gamern in Lesetests überlegen. Womöglich könnte das Videospielen daher auch Legasthenikern helfen, so das Fazit der Forscher.
Videospiele sind besser als ihr Ruf: Wer regelmäßig am Computer oder der Spielekonsole spielt, kann nicht nur nachweislich sein Arbeitsgedächtnis stärken und die Reaktionszeit verkürzen. Untersuchungen zeigen, dass die Spiele zudem die Wahrnehmung von Kontrasten und die Verarbeitung sensorischer Informationen schulen.
Wissenschaftler um Alexia Antzaka vom Basque Center on Cognition, Brain and Language (BCBL) im spanischen San Sebastián haben nun untersucht, ob sich diese Vorteile des Computerspielens womöglich auch auf die Leseleistung auswirken – und somit Menschen mit Legasthenie helfen könnten. Betroffene dieser Lese-Rechtschreibstörung haben Probleme damit, Buchstaben und Wörter zu erkennen.
Aufmerksamkeit und Lesevermögen im Test
Um den Einfluss des Gaming auf die visuelle Verarbeitung von Buchstaben und das Lesevermögen zu untersuchen, ließen die Forscher 36 Probanden zum Test antreten. Keiner der Teilnehmer litt unter Legasthenie oder anderen Leseproblemen. 19 von ihnen spielten regelmäßig actionbasierte Videospiele, der Rest war weniger Gaming-affin.
Für die Studie wurde den Testpersonen zunächst 200 Millisekunden lang eine Reihe von sechs unterschiedlichen Konsonanten gezeigt. Bei einem zweiten Durchgang wurde einer dieser Buchstaben dann durch einen Punkt ersetzt und die Probanden mussten angeben, welcher Konsonant zuvor an dieser Stelle gestanden hatte. In einem weiteren Schritt sollten die Teilnehmer eine kurz eingeblendete Buchstabenfolge lesen, die zwar aussprechbar war, aber keinen Sinn ergab.
Gamer schneiden besser ab
Würden die geübten „Zocker“ besser abschneiden als die Kontrollgruppe? Tatsächlich zeigte sich: In beiden Versuchen war die Gruppe der 19 Videospieler den anderen Teilnehmern deutlich überlegen. Zudem stellten Antzaka und ihre Kollegen einen Zusammenhang zwischen den beiden Übungen fest: Wer im ersten Test eine gute visuelle Aufmerksamkeit gezeigt hatte, schnitt auch beim darauffolgenden Lesetest besser ab.
Für die Forscher ist damit klar, dass regelmäßiges Computerspielen die visuelle Verarbeitung von Buchstaben sowie das Lesevermögen verbessern kann – und sich damit womöglich als Fördermaßnahme bei Legasthenie eignen könnte. Sie wollen den nun entdeckten Zusammenhang in Zukunft genauer untersuchen und auf Grundlage dieser Erkenntnisse langfristig spezielle Spielprogramme für Menschen mit der Lese-Rechtschreibstörung entwickeln. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/s41598-017-15119-9)
(Spanish Foundation for Science and Technology, 18.12.2017 – DAL)