Sonnensystem

Keine Alien-Signale vom interstellaren Besucher

Organische Kruste, aber keine Hinweise auf außerirdische Technologie bei 'Oumuamua

Die zigarrenförmige Form des interstellaren Brockens 'Oumuamua erinnert ein wenig an ein Raumschiff. Doch bisher haben Astronomen keinerlei verdächtige Signale von ihm empfangen. © ESO/ M.Kornmesser

Kein Alien-Raumschiff: Das zigarrenförmige, interstellare Objekt, das zurzeit durch unser Sonnensystem rast, ist offenbar nicht künstlich. Zumindest haben Forscher bisher keine verdächtigen Radiosignale von dem Brocken erlauschen können. Stattdessen liefern neue optische Daten Hinweise darauf, dass ‚Oumuamua eine organische Kruste über einem eisigen Inneren besitzen könnte. Dies könnte erklären, warum das interstellare Objekt selbst in Sonnennähe keinen Schweif ausbildete.

Seit Oktober 2017 ist klar, dass unser Sonnensystem einen interstellaren „Besucher“ hat: Das zigarrenförmige Objekt ‚Oumuamua oder 1I/2017 U1 stammt höchstwahrscheinlich aus dem interstellaren Raum und rast zurzeit durch unser System. Für Astronomen weltweit ist dies eine einzigartige Chance, mehr über solche fremden Objekte zu erfahren. Mehrere leistungsstarke Teleskope haben daher den interstellaren Brocken seither ins Visier genommen – und erste Erkenntnisse geliefert.

Lauschen nach Alien-Signalen

Jetzt gibt es weitere Neuigkeiten zu dem rätselhaften kosmischen Passanten. Ein Team der Organisation „Breakthrough Listen“ hat das Green-Bank-Radioteleskop in den USA genutzt, um ‚Oumuamua nach möglichen „Alien“-Radiosignalen abzuhören. Weil die extrem langgestreckte Form des interstellaren Brockens an ein Raumschiff erinnert, wollten die Forscher damit sichergehen, dass es sich nicht vielleicht doch um ein künstliches Gebilde handelt.

Mitte Dezember haben die Breakthrough-Astronomen daher den interstellaren Brocken mit vier verschiedenen Empfängern im Bereich zwischen einem und zwölf Gigahertz abgesucht. Ein Algorithmus ist zurzeit dabei, die gesammelten Daten nach potenziell künstlichen Radiosignalen zu durchforsten. Als mögliches Indiz dafür gelten Signale mit einer sehr engen Bandbreite, deren Frequenz sich passend zur Bewegung von ‚Oumuamua verschiebt.

Bisher keine Auffälligkeiten

„Egal ob dieses Objekt am Ende künstlich oder natürlich ist – es ist ein großartiges Ziel für Breakthrough Listen“, sagt Andrew Siemion, Leiter des SETI-Forschungszentrums in Berkeley. „Es ist großartig, die Beobachtungsdaten einer so spannenden und neuartigen Quelle hereinströmen zu sehen.“

Das Green Banks-Radioteleskop im US-Bundesstaat West Virginia diente den Astronomen als "Lauschposten" © NRAO/AUI/ CC-by-sa 3.0

Bisher allerdings gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass ‚Oumuamua irgendeine Form außerirdischer Technologie an Bord haben könnte. Die bereits abgeschlossene Analyse der Daten für den Frequenzbereich zwischen 1,7 und 2,6 Gigahertz hat jedenfalls keinerlei Auffälligkeiten ergeben. Die Auswertung der drei restlichen Empfänger läuft allerdings noch.

Organische Kruste statt eisiger Oberfläche

Deutlich konkreter sind dagegen die Ergebnisse einer weiteren Astronomengruppe. Sie hatten das Lichtspektrum von ‚Oumuamua noch einmal detailliert nach Informationen über seine Oberflächenbeschaffenheit analysiert. Sie sollten unter anderem verraten, warum ‚Oumaha trotz seiner Passage in Sonnennähe keinen kometenähnlichen Schweif ausgebildet hat.

Das Ergebnis: Der interstellare Brocken besitzt im Gegensatz zu Kometen offenbar keine eisige Oberfläche. Stattdessen ist er mit einer organischen, grau-rötlich gefärbten Kruste bedeckt. „Damit ähnelt ‚Oumuamua den kleineren Himmelskörpern, die man im äußeren Sonnensystem findet“, erklären Alan Fitzsimmons von der Queen’s University Belfast und seine Kollegen.

Das interstellare Objekt 'Oumuamua in einer Aufnahme des optischen William Herschel Telescope auf La Palma © A. Fitzsimmons, QUB/ Isaac Newton Group, La Palma

Schutz vor der Sonnenhitze

Die im Kuipergürtel oder der Oortschen Wolke umherfliegenden Brocken bestehen zwar größtenteils aus Eis, ihre Oberfläche ist aber durch das ständige Bombardement mit kosmischer Strahlung chemisch stark verändert. Diese kohlenstoffhaltige Kruste isoliert das darunterliegende Eis und könnte daher auch ‚Oumuamua gegen die Sonnenhitze zumindest teilweise geschützt haben, mutmaßen die Astronomen.

„Wir haben festgestellt, dass schon eine 30 Zentimeter dicke Kruste aus vorwiegend organischem Material das wassereisreiche Innere eines solchen Brockens vor dem Verdampfen durch die Sonnenhitze bewahren könnte“, berichtet Fitzsimmons. „Selbst wenn man von einem Extrem ausgeht, bei dem eine Seite ständig der Sonne zugekehrt ist, würden 40 Zentimeter Kruste reichen.“

Ist das Innere eisig?

Ob der interstellare Brocken allerdings überhaupt aus Eis besteht, ist bisher offen. Die Astronomen vermuten dies jedoch, weil die Brocken im Außenbereich unseres Sonnensystems vorwiegend eisig sind – und ‚Oumuamua wahrscheinlich aus einem ähnlichen Bereich eines anderen Planetensystems stammt. „Die Planetenbildung und -wanderung kann große Mengen von kleineren Objekten aus dem System schleudern“, erklären die Forscher.

Die extreme Zigarrenform des interstellaren Wanderers scheint jedenfalls nicht gegen eine vorwiegend eisige Beschaffenheit zu sprechen, wie Fitzsimmons und seine Kollegen mithilfe eines physikalischen Modells ermittelten. Demnach wäre der Brocken auch bei einer kometenähnlich eisigen Zusammensetzung stabil genug, um den Fliehkräften bei seiner Rotation standzuhalten. (Nature, 2017; doi: 10.1038/s41550-017-0361-4)

(Queen’s University Belfast, Breakthrough Listen, 19.12.2017 – NPO)

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