Archäologie

Karl der Große scheiterte beim Kanalbau

Entscheidendes Anschlussstück des Karlsgrabens wurde nie vollendet

Historisches Bild vom Bau des Karlsgrabens aus dem "Fries Franconia". © Universität Würzburg

Gescheitertes Großprojekt: Der vor gut 1.200 Jahren von Karl dem Großen geplante Schifffahrtsweg zwischen Rhein und Donau wurde nie vollendet. Zwar waren Teile des berühmten Karlsgrabens fertig und sogar schon mit Wasser geflutet. Doch das entscheidende Anschlussstück an den Fluss Altmühl fehlte, wie nun detaillierte Analysen des Geländes belegen. Eines der ehrgeizigsten Bauprojekte des Frühmittelalters blieb damit unvollendet.

Es war ein Bauprojekt der Superlative: Um den Handel und Gütertransport zu erleichtern, wollte Kaiser Karl der Große einen durchgehenden Schifffahrtsweg vom Rhein zur Donau schaffen. Dafür aber musste in der Nähe des bayrischen Orts Graben ein drei Kilometer langer Kanal geschaffen werden. Nur mit dieser „Fossa Carolina“ ließ sich die europäische Wasserscheide überbrücken, die das Rhein-Main-Gebiet vom Altmühl-Donau-Flusssystem trennte.

Wurde die Fossa Carolina jemals fertig?

Im Jahr 792 begannen die Kanalbauarbeiten für das frühmittelalterliche Megaprojekt, wie ein deutsches Archäologenteam kürzlich durch Datierung von Kanalresten ermittelt hat. In ihren Ausgrabungen haben die Forscher in den letzten Jahren rund 2.300 Meter des mittelalterlichen Kanals freigelegt. Die Relikte zeugen davon, dass zumindest große Teile der Fossa Carolina bereits fertiggestellt waren.

Doch sind jemals Schiffe durch den Karlsgraben gefahren? Wie die Archäologen erklären, ist dafür der südliche Teil des Karlsgrabens entscheidend. Erst durch ihn bekam der Kanal einen Anschluss an den Fluss Altmühl und damit an das Donaueinzugsgebiet. Ob dieser Anschuss aber damals gebaut wurde, ist seit Jahren umstritten.

Keine Spur des Anschlussstücks

Eine Antwort liefert nun eine detaillierte Analyse des mittelalterlichen Baugeländes mithilfe von modernsten geophysikalischen Methoden. Die Forscher fahndeten mittels LIDAR, seismischen Messungen, Radar und Magnetmessungen nach Spuren der Anschlussstelle zwischen Kanal und Altmühl. Weil sich der Lauf der Altmühl seit der Karolingerzeit nur geringfügig verändert hat, konnte die Forscher das Suchgebiet recht genau eingrenzen.

Südende der Fossa Carolina nahe der Ortschaft Graben. © Vitold Muratov/ CC-by-sa 3.0

Das Ergebnis: Zwischen den letzten nachweisbaren Resten des Kanals und dem Fluss Altmühl gibt es keinerlei Spuren eines schiffbaren Kanals, wie die Messungen enthüllten. Das Gelände auf dieser rund 700 Meter langen Verbindungsstrecke erwies sich als weitgehend unberührt. Anzeichen für einen Graben fanden die Forscher in dieser Talaue nicht.

Großprojekt gescheitert

Damit scheint klar: Die Fossa Carolina – das ehrgeizige Großprojekt Karls des Großen – wurde nie vollendet. „Unsere Ergebnisse stützen die Vermutung, dass der Karlsgraben niemals komplett fertiggestellt wurde – auch wenn große Teile des nördlichen Kanalteils fast vollständig waren“, berichten André Kirchner von der Universität Hildesheim und seine Kollegen.

Was der Grund für das Scheitern des Bauprojekts war, ist unbekannt. Es könnte aber gut sein, dass die Fossa Carolina ähnliche Probleme bereitete wie viele moderne Großprojekte: Die Kosten explodierten, die Bauarbeiten gerieten immer wieder in Verzug und es gab unvorhergesehene technische Probleme.

Klar ist: Bis der alte Traum von einer Schifffahrts-Verbindung zwischen Rhein und Donau wahr wurde, sollten noch mehr als tausend Jahre vergehen: Erst im 19. Jahrhundert gelang es mit dem Ludwig-Donau-Main-Kanal, die Idee Karls des Großen erfolgreich zu Ende zu bringen. (Quaternary International, 2017; doi: 10.1016/j.quaint.2017.12.021)

(Stiftung Universität Hildesheim, 10.01.2018 – NPO)

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