Astronomie

Rätsel der Radioblitze geknackt?

Starke Polarisation liefert erste Hinweise auf Ursprung der Fast Radiobursts

Fast Radiobursts geben noch immer Rätsel auf - jetzt könnnte Astronoomen erste Hinweise auf ihren Ursprung erhalten haben. © Danielle Futselaar /Shutterstock

Kosmische Extremisten: Astronomen haben erste Indizien zum Ursprung der rätselhaften kosmischen Radioblitze gefunden. Neue Teleskopdaten zeigen, dass diese Fast Radiobursts (FRB) erstaunlich stark polarisiert und „verdreht“ sind. Dies spricht dafür, dass diese extrem energiereichen Pulse aus einem starken Magnetumfeld stammen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Möglicherweise ist ein Neutronenstern neben einem massereichen Schwarzen Loch die Ursache.

Fast Radiobursts (FRB) gelten als eines der großen Rätsel der modernen Astronomie. Denn diese kosmischen Radiopulse entladen in wenigen Millisekunden so viel Energie, wie die Sonne an einem ganzen Tag ausstrahlt. Zumindest einige von ihnen scheinen zudem aus anderen Galaxien zu stammen – umso erstaunlicher ist ihre enorme Intensität. Die Ursache dieser ultrakurzen Radioblitze ist bis heute unbekannt.

Mysteriöse Serien-Pulse

Noch mysteriöser ist ein Radioblitz, den das Arecibo-Radioteleskop 2015 erstmals einfing: Bei FRB 121102 folgten gleich mehrere Radiobursts kurz hintereinander. Mehr als 200 Hochenergiepulse haben die Astronomen seither aus dieser Quelle registriert. FRB 121102 ist damit der bisher einzige Fast Radioburst, der seine Pulse in Serie produziert.

Anfang 2017 haben Forscher die Quelle dieser rätselhaften Serien-Radiopulse in einer rund drei Milliarden Lichtjahre entfernten Zwerggalaxie lokalisiert. Die Messungen legten zudem nahe, dass die Pulse von einer eher kleinen Quelle ausgehen – möglicherweise einem schnellrotierenden, nur rund zehn Kilometer großen Himmelskörper. Doch wie kann dieser so enorme Energiemenge erzeugen?

Eine Antwort könnten nun Jason Hessels vom Niederländischen Institut für Radioastronomie (ASTRON) und seine Kollegen gefunden haben. Sie haben die Radiopulse von FRB 121102 sowohl mit dem Arecibo-Teleskop als auch dem Green Bank Radioteleskop in den USA näher analysiert. Ihr Fokus lag dabei auf der Polarisation der Signale – der Ausrichtung der Radiowellen.

Die neuen Erkenntnisse waren dem Fachmagazin "Nature" jetzt sogar die Titelseite wert. © Nature

Überraschend stark polarisiert

Das überraschende Ergebnis: Die Radioblitze von FRB 121102 sind zu hundert Prozent linear polarisiert. Das bedeutet: Die Wellen dieser ultrakurzen Radiopulse schwingen alle in der gleichen Richtung. Gleichzeitig jedoch zeigen die Pulse einen starken Faraday-Effekt – ihre Polarisationsrichtung ist verdreht. Wie die Forscher erklären, tritt dieser Effekt typischerweise auf, wenn elektromagnetische Wellen ein starkes Magnetfeld durchqueren.

Wie die Astronomen feststellten, ist dieser Faraday-Effekt bei FRB 121102 mehr als 500 Mal stärker als bei allen anderen bisher bekannten Fast Radiobursts. „Diese starke Faraday-Rotation spricht dafür, dass FRB 121102 aus einem extremen und sehr dynamischen Magnetumfeld stammen muss“, berichten Hessels und seine Kollegen. „Zudem muss diese Region nahe an der Quelle von FRB 121102 liegen.“

Neutronenstern am Schwarzen Loch?

Doch was könnte ein so starkes Magnetfeld erzeugen? Und welches kosmische Objekt hat genügend Energie, um diese extremen Radiopulse zu produzieren? Nach Angaben der Astronomen kämen dafür mehrere Szenarien in Frage. Eines davon könnte aber besonders gut zu den Messdaten passen: „Eine so große Faraday-Rotation haben wir bisher nur in der Nähe von massereichen Schwarzen Löchern mit mehr als 100.000 Sonnenmassen beobachtet“, berichten sie. „Die Radiobursts könnten daher von einem Neutronenstern in der unmittelbaren Umgebung eines solchen Schwarzen Lochs produziert werden.“

Eine andere mögliche Ursache wäre ein Millisekunden Magnetar – ein junger, bei einer Supernova entstandener Neutronenstern, der schnell rotiert und extrem starke Magnetfelder besitzt. Sendet er Radiopulse aus, dann könnte deren Passage durch die umgebenden, magnetisierten Supernova-Überreste den Faraday-Effekt erklären.

Das Geheimnis hinter dem Radiopuls FRB 121102© NOVA astronomy NL

„Viele offene Fragen“

„Zu diesem Zeitpunkt kennen wir die Mechanismen einfach noch nicht“, sagt Koautor Vishal Gajjar von der University of California in Berkeley. „Es sind noch viele Fragen offen, darunter auch, wie ein rotierender Neutronenstern die enorme Energie der Radiopulse erzeugen kann.“ Unklar ist ebenfalls, ob der „Serientäter“ FRB 121102 ein Exot unter den Fast Radiobursts ist oder ob alle auf ähnliche Weise entstehen.

Klar ist: Für die Astronomen bleiben die kosmischen Radioblitze ein spannendes Rätsel. „Solche neuen Phänomene sind für uns Wissenschaftler immer aufregend“, sagt Koautor Shami Chatterjee von der Cornell University. Er und seine Kollegen hoffen, dass weitere Beobachtungen von Fast Radiobursts ihr Geheimnis bald lüften werden. (Nature, 2018; doi: 10.1038/nature25149)

(Nature, Cornell University, University of California, 11.01.2018 – NPO)

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