Olympier in Nöten: Durch den Klimawandel wird es künftig schwieriger, Austragungsorte für olympische Winterspiele zu finden – trotz Schneekanonen und anderen Hilfsmitteln. Denn wie eine Studie zeigt, fällt bereits 2050 die Hälfte der bisherigen Austragungsorte wegen Erwärmung und Schneemangel weg. Geht der Klimawandel so weiter, könnten ab 2080 nur noch acht Orte im Rennen bleiben. Die Geografie der Winterspiele könnte sich damit grundlegend ändern.
Durch den Klimawandel schwinden in vielen Hochgebirgen weltweit Schnee und Gletscher. Für die Alpen sagen Forscher voraus, dass die Skisaison dort im Laufe dieses Jahrhunderts immer kürzer werden wird – vor allem in Lagen unterhalb von 1.000 Metern wird der Schnee ausbleiben oder früh wegschmelzen. Zwar nutzen die meisten Skigebiete Schneekanonen, aber bei zu milden Temperaturen schaffen sie es nur in Teilen, für hochrangige Wettkämpfe ausreichend gute Bedingungen zu schaffen.
Frost ist schon jetzt selten
„Es gibt Grenzen, was die aktuellen Strategien zur Minderung des Wettereinflusses bei Großveranstaltungen leisten können, und bei den letzten Olympischen Winterspielen haben wir gesehen, dass diese Grenzen überschritten wurden“, erklärt Studienleiter Daniel Scott von der University of Waterloo in Kanada. In Sotschi mussten zahlreiche Trainingsläufe wegen schlechter Bedingungen abgesagt werden, Beschwerden von Sportlern häuften sich.
Schon jetzt haben sich die Bedingungen für die olympischen Winterspiele deutlich verschlechtert: Die Durchschnittstemperatur an den Austragungsorten der 1920er bis 1950er Jahre ist von 0,4 Grad auf 3,1 Grad an den Olympiastätten der 1960er bis 1990er Jahre gestiegen. Im 21. Jahrhundert lagen die Mitteltemperaturen bei den Olympischen Winterspielen bereits bei 7,8 Grad – auch weil die Spiele in immer wärmere Regionen vergeben wurden.
Nur noch sechs von 19 Orten
Was aber bedeutet dieser Trend für künftige olympische Winterspiele? Das haben Scott und seine Kollegen jetzt untersucht. Für ihre Studie analysierten sie für 21 Austragungsorte der Winterspiele, wie wahrscheinlich dort im Februar Temperaturen von Null Grad oder weniger herrschen und ob noch eine Schneedecke von mindestens 30 Zentimetern erreicht wird. Sie simulierten dafür die Klimaverhältnisse bei verschiedenen Klimaszenarien bis zum Jahr 2100.
Das Ergebnis: Das bedeutet: Schon um 2050 könnten nur noch zehn oder elf bisherige Austragungsorte für die Winterspiele geeignet sein. Geht die Klimaerwärmung ungebremst so weiter, könnte es dann Ende dieses Jahrhunderts sogar nur noch in acht der bisherigen Austragungsorte kalt genug für neuerliche Winterspiele sein. Die zweifache Olympiastadt Innsbruck könnte Winterspiele dann kaum noch ausrichten.
Auswahl schrumpft selbst mit gutem Klimaschutz
„Der Klimawandel verändert die Geographie der Olympischen Winterspiele“, sagt Robert Steiger von der Universität Innsbruck. Viele Wintersportorte, die früher noch ausreichend gute Bedingungen für die Olympischen Spiele boten, werden künftig aus der Liste herausfallen. Das gilt den Prognosen nach sogar dann, wenn die Klimaziele von Paris eingehalten werden – was allerdings inzwischen als zunehmend unwahrscheinlich gilt.
Aber selbst dann: Wird die Erwärmung auf zwei Grad begrenzt, werden noch zwölf der bisherigen Austragungsorte im Rennen bleiben. Frühere Gastgeber wie Squaw Valley in den USA, Vancouver in Kanada und Sotschi in Russland würden jedoch herausfallen, wie die Forscher ermittelten. „Die Entscheidungen des Internationalen Olympischen Komitees über die Vergabe von Spielen wird immer schwieriger werden“, sagt Steiger.
„Die Rahmenbedingungen ändern sich“
Für zukünftige Winterspiele bedeutet dies: Entweder es müssen neuen Orte in höheren Lagen gefunden werden, oder aber die Zahl der möglichen Austragungsorte wird drastisch schrumpfen. „Die Rahmenbedingungen für den Wintersport verändern sich“, sagt Steiger. „Das Klima in vielen traditionellen Wintersportregionen ist nicht mehr das, was es einmal war, und immer weniger Orte werden in Zukunft Olympische Winterspiele ausrichten können, wenn die globale Erwärmung weiter zunimmt.
Immerhin: Die Winterspiele 2018 in Pyeongchang in Südkorea und 2022 in Peking kehren den Trend um, Olympische Winterspiele in immer wärmeren Regionen zu veranstalten. „Angesichts des starken Wachstums des Wintersports in China war es spannend zu sehen, dass die Spiele in Peking mit den Bergregionen Yanqing und Zhangjiakou auch unter sehr warmen Klimaszenarien eine sehr stabile Zukunft haben“, kommentiert Yan Fang von der Universität Peking.
(Universität Innsbruck, 16.01.2018 – NPO)