„Unmöglicher“ Kollaps: Im Sommer 2016 löste sich in Tibet plötzlich der gesamte untere Teil eines Gletschers und raste als Megalawine zu Tal. Kurz darauf geschah das gleiche bei einem Nachbargletscher. Das Rätselhafte daran: Eigentlich waren die Hänge viel zu flach um selbst kleine Lawinen auszulösen – und eine offensichtliche Ursache fehlte. Warum diese Mega-Lawinen trotzdem entstanden, haben Forscher erst jetzt herausgefunden.
Lawinen und Eisfälle sind in den Hochgebirgen keine Seltenheit. Typischerweise jedoch ereignen sich solche Rutschungen an Hängen, die steiler sind als 30 Grad Neigung. Umso rätselhafter war ein Ereignis, das sich am 17. Juli 2016 im Aru-Gebirgszug des westlichen Tibet-Plateaus ereignete: Aus heiterem Himmel brach der gesamte untere Teil eines Talgletschers ab und rutschte als gigantische Eislawine acht Kilometer weit ins Tal hinab – und das innerhalb weniger Minuten.
Katastrophaler Kollaps
Die Mega-Lawine umfasste 68 Millionen Kubikmeter Eis und Schnee – sie ist eine damit der größten bekannten Lawinen überhaupt. Mit einem Schlag waren rund 40 Prozent des Gletschervolumens und knapp 30 Prozent seiner Eisfläche abgerutscht. „Das ist eine ganz neue Form der Gletscher-Instabilität – der katastrophale Kollaps eines gesamten Talgletschers“, konstatieren Andreas Kääb von der Universität Oslo und seine Kollegen.
Das Merkwürdige daran: Die Hangneigung in diesem Teil des Gletschers lag bei nur fünf bis sechs Grad und die gesamte Region liegt im Permafrostgebiet. Damit gab es eigentlich keinen Grund für diesen Gletscherkollaps. Auch ein Erdbeben gab es im Sommer 2016 in dieser Region nicht, wie die Forscher feststellten.