Medizin

Sind E-Zigaretten doch krebserregend?

Nikotindampf wird im Körper zu potenziell karzinogenen Abbauprodukten verstoffwechselt

Der Dampf von E-Zigaretten ist zwar weniger schädlich als Tabakrauch, vollkommen harmlos ist aber auch er nicht. © patrisyu/ iStock.com

Schlechte Nachrichten für „Dampfer“: Der vermeintlich harmlose Dampf von E-Zigaretten könnte doch krebserregend sein. Denn beim Abbau des Nikotins im Körper entstehen offenbar Verbindungen, die das Erbgut schädigen und die DNA-Reparatur hemmen können. Das legen Versuche mit Mäusen und menschlichen Zellen nahe. Nach Ansicht der Forscher könnte daher auch das „Dampfen“ ein höheres Risiko für Lungen- und Blasenkrebs nach sich ziehen.

E-Zigaretten gelten als gesündere Alternative zum Tabakrauchen. Denn beim Verdampfen der meist nikotinhaltigen Flüssigkeit entstehen sehr viel weniger Schadstoffe als beim Tabakrauchen. Außerdem können sie beim Rauchen-Abgewöhnen helfen. Allerdings: Völlig harmlos ist auch das „Dampfen“ nicht: Studien belegen, dass der Nikotinnebel unter anderem zellschädigende Aldehyde und freie Radikale enthält.

Mäuse im Dampf

Unklar blieb aber bisher, wie das Nikotin und andere Inhaltsstoffe des E-Zigarettendampfs im Körper verstoffwechselt werden – und ob dabei möglicherweise doch krebserregende Verbindungen entstehen. Hyun-Wook Lee und seine Kollegen von der New York University haben dies nun näher untersucht.

In einem ersten Experiment setzten sie Mäuse zwölf Wochen lang jeweils drei Stunden täglich dem E-Zigarettendampf aus. „Die Dosis und Dauer entsprach der eines Menschen, der zehn Jahre lang in geringem Maße E-Zigaretten nutzt“, erklären die Forscher. Anschließend untersuchten sie, welche und wie viele Abbauprodukte des Nikotins in den Geweben der Tiere entstanden waren.

Mutationen und gehemmte DNA-Reparatur

Das Ergebnis: Sowohl in der Lunge als auch in Leber, Blase und Herzgewebe der Mäuse fanden die Forscher potenziell schädliche Nikotin-Abbauprodukte. Zu diesen gehörten Nikotinketon, Aldehyde und Methyldiazohydroxid (MDOH) – eine Substanz, die Veränderungen am Erbmolekül DNA verursachen und zu krebserregenden Mutationen führen kann.

Die DNA-Reparatur ist ein wichtiger Schutz gegen die Entartung von Zellen, doch die Nikotin-Abbauprodukte hemmen sie. © Svisio/ iStock.com

Und noch eine zweite Wirkung gab es: Die aus dem Nikotindampf entstehenden Aldehyde hemmten bei den Mäusen die DNA-Reparatur – und damit einen der wichtigste Schutzmechanismen gegen Erbgutschäden und eine Entartung der Zelle. „Sowohl die Reparatur von Nucleotid- als auch von Basenschäden war signifikant geringer als bei Kontrolltieren in sauberer Luft“, berichten Lee und seine Kollegen.

Doppelt schädliche Wirkung

Der E-Zigarettendampf entfaltet damit im Körper eine gleich doppelt schädliche Wirkung: „Unsere Ergebnisse demonstrieren, dass das Nikotin im E-Zigarettendampf und seine Stoffwechselprodukte nicht nur mutagene DNA-Anhänge produzieren können, sie können auch die DNA-Reparatur hemmen“, konstatieren die Forscher. Zwar ist der Gehalt dieser Stoffe deutlich geringer als bei Tabakrauch, aber der Effekt ist nachweisbar.

Bedenklich auch: Diese doppelt schädlichen Effekte scheinen auch in menschlichen Zellen und Geweben aufzutreten. Als die Forscher menschliche Lungen- und Blasenzellen Nikotin und Nikotinketonen aussetzten, war das Ergebnis ähnlich: Auch in den menschlichen Zellen wurden diese Bestandteile von E-Zigarettendampf zu solchen potenziell schädlichen Abbauprodukten verstoffwechselt.

„Höheres Risiko für Lungen- und Blasenkrebs“

Nach Ansicht der Wissenschaftler sprechen diese Resultate dafür, dass auch E-Zigarettendampf krebserregend sein könnte. „Ausgehend von diesen Ergebnissen könnte es sein, dass Nutzer von E-Zigaretten ein höheres Risiko für Lungen- und Blasenkrebs haben als Nichtraucher“, sagen Lee und seine Kollegen. Dieses Risiko sei bisher möglicherweise stark unterschätzt worden.

„Angesichts der Tatsache, dass es allein in den USA 18 Millionen E-Zigaretten-Nutzer gibt, ist es für die öffentliche Gesundheit dringend nötig, die karzinogene Wirkung des E-Zigarettendampfs genau zu kennen“, betonen die Forscher. „Es sind nun weitere Studien nötig, um diesen Verdacht weiter zu untersuchen.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2018; doi: 10.1073/pnas.1718185115)

(PNAS, 30.01.2018 – NPO)

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