Rätselhafte Diskrepanz: Astronomen haben schon die dritte Galaxie entdeckt, die der gängigen Theorie Dunkler Materie widerspricht. Nach Milchstraße und Andromeda passen auch die Bewegungen der Satellitengalaxien um Centaurus A nicht ins Bild – sie rotieren zu geordnet um ihre Muttergalaxie. Das widerspricht dem Standardmodell der Kosmologie und wirft die Frage auf, was im gängigen Modell übersehen wurde, so die Forscher im Fachmagazin Science“.
Nach unserem gängigen kosmologischen Weltbild enthält jede Galaxie im Kosmos beträchtliche Mengen Dunkler Materie. Ihre Schwerkraftwirkung bestimmt unter anderem die Rotation der Galaxien und wirkt sich auch auf die Bewegung der Zwerggalaxien in ihrem Umfeld aus. Nach der Theorie der sogenannten Lambda Cold Dark Matter (ΛCDM) müssten diese Satellitengalaxien mehr oder weniger zufällig um die Hauptgalaxie verteilt sein.
Viel zu geordnet
Doch zumindest bei der Milchstraße und ihrer Nachbargalaxie Andromeda ist dies nicht der Fall: Bei ihnen bewegen sich die meisten Satellitengalaxien in einer scheibenförmigen Ebene und kreisen in der gleichen Richtung um ihre Muttergalaxie. „Die Existenz solcher Ebenen um die beiden größten Galaxien unserer Lokalen Gruppe ist schwer mit dem ΛCDM-Modell vereinbar“ erklären Oliver Müller von der Universität Basel und seine Kollegen.
Was aber steckt dahinter? Stimmt unsere gesamte Vorstellung zur Dunklen Materie und ihrer Verteilung nicht? Oder sind Milchstraße und Andromeda-Galaxie nur Ausreißer – eine seltene Ausnahme, die durch besondere lokale Umstände hervorgerufen wurde? Um das zu klären, haben Müller und seine Kollegen nun Centaurus A untersucht, eine Galaxie, die mit rund 13 Millionen Lichtjahren Entfernung weit außerhalb unserer Lokalen Gruppe liegt.
Auch Centaurus A widerspricht der Theorie
Das überraschende Ergebnis: Auch die Satellitengalaxien von Centaurus A passen nicht zur gängigen Theorie. 14 von 16 Zwerggalaxien folgen einem gemeinsamen Bewegungsmuster und rotieren in einer flachen Scheibe senkrecht zur Ebene von Centaurus A. „Die Chance, dass eine solche Korrelation bloßer Zufall ist, ist sehr gering“, konstatieren die Astronomen. „Die beste Erklärung ist, dass diese Zwerggalaxien tatsächlich in einem elliptischen Orbit um die Galaxie rotieren.“
Astronomen haben damit schon die dritte Galaxie gefunden, die der gängigen Theorie der kalten Dunklen Materie widerspricht. „Das Phänomen einer kinematisch kohärenten Ebene von Satellitengalaxien ist demnach nicht auf die Milchstraße und Andromeda beschränkt“, so die Forscher. „Das weckt Zweifel an der Gültigkeit einige kosmologischer Modelle und Simulationen.“
„Fehlende Zutat“
Was aber bedeutet dies für unser kosmologisches Weltbild? Nach dem ΛCDM-Modell dürfte höchstens ein halbes Prozent der Satellitensysteme im nahen Kosmos solche geordneten Muster aufweisen. Doch bei drei von drei bisher daraufhin untersuchten Galaxien scheint dies so nicht zu stimmen.
„Das bedeutet, dass wir hier etwas übersehen“, sagt Koautor Marcel Pawlowski von der University of California in Irvine. „Entweder fehlt den Simulationen eine wichtige Zutat oder das zugrundeliegende Modell ist falsch.“ Eine Möglichkeit einer „fehlenden Zutat“ wäre, dass sowohl Milchstraße und Andromeda als auch Centaurus A in ihrer Vergangenheit Kollisionen erlebt haben, die ihre Verteilung der Dunklen Materie veränderten.
Nähere Analysen der Bewegung der Satellitengalaxien um Centaurus A und weiteren Galaxien könnte diese Frage klären. Die Astronomen hoffen hier vor allem auf das James-Webb-Weltraumteleskop, das 2019 ins All starten soll. (Science, 2018; doi: 10.1126/science.aao1858)
(AAAS, University of California – Irvine, Universität Basel, 02.02.2018 – NPO)