Waffe gegen metastasierende Krebszellen? Brustkrebstumore benötigen offenbar eine bestimmte Aminosäure, um zu streuen: Asparagin. Versuche mit krebskranken Mäusen zeigen: Wird der Proteinbaustein im Körper medikamentös abgebaut und nur Asparagin-arme Nahrung verzehrt, bilden sich weniger Metastasen. Asparagin-reiche Kost verstärkt dagegen die Metastasierung. Diese Erkenntnis könnte nun neue Ansätze für Therapien liefern – vorausgesetzt, sie gilt auch für den Menschen.
Es kann jede treffen: Weltweit erkrankt jede zweite Frau im Laufe ihres Lebens an Krebs. Bei ihnen ist Brustkrebs die häufigste bösartige Tumorerkrankung. Das sogenannte Mammakarzinom wird in der Regel mit einer Kombination aus Operation und Chemotherapie behandelt. Zusätzlich kommen oftmals Antikörper- oder Hormonentzugsbehandlungen zur Anwendung.
Oberstes Ziel ist es dabei, eine weitere Ausbreitung des Krebses im Körper zu verhindern. Denn die meisten Patientinnen sterben nicht durch den Brusttumor selbst – sondern durch Metastasen in Lunge, Gehirn oder anderen Organen. Viele Beobachtungen sprechen dafür, dass solche gefährlichen Tochtergeschwulste nicht von jeder Zelle eines Tumors ausgehen können. Vielmehr scheinen es Zellen mit ganz bestimmten Eigenschaften zu sein, die eine Metastasierung fördern.
Aminosäure im Fokus
Diesen Zusammenhang haben Wissenschaftler um Simon Knott vom Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles nun genauer untersucht. Bei einer Auswertung von Patientinnen-Daten stellten sie fest: Je besser die Brustkrebszellen dazu in der Lage waren, die Aminosäure Asparagin zu produzieren, desto wahrscheinlicher breitete sich der Krebs bei den Betroffenen in andere Bereiche des Körpers aus.
Asparagin wird vom menschlichen Organismus selbst gebildet. Wir nehmen die Aminosäure aber auch mit der Nahrung auf. In größeren Mengen ist sie beispielsweise in Spargel, Soja, Geflügel, Kartoffeln, Milchprodukten und Meeresfrüchten enthalten. Was würde passieren, wenn man dem Körper diesen Proteinbaustein entzieht?
Mäuse auf Diat
Das testeten die Forscher bei Versuchen mit an einer besonders schwierig zu behandelnden Form von Brustkrebs erkrankten Mäusen: dem triple-negativen Mammakarzinom. Diese Tumor-Art verdankt ihren Namen der fehlenden Expression von Östrogen- und Progesteronrezeptoren, weshalb sie nicht auf gängige Hormontherapien anspricht.
Im Test verabreichten Knott und seine Kollegen den Nagern ein Medikament, das im Körper vorhandenes Asparagin abbaut. Außerdem verordneten sie ihnen eine strenge Diät. Es stand nur noch Futter mit einem möglichst niedrigen Asparagin-Gehalt auf dem Speiseplan. Dabei zeigte sich: Offenbar benötigen Brustkrebszellen tatsächlich Asparagin, um zu metastasieren.
Weniger Metastasen
„Reduzierten wir die Verfügbarkeit von Asparagin, wirkte sich das zwar nicht auf den ursprünglichen Tumor aus, aber es bildeten sich weniger Metastasen“ berichtet Mitautor Greg Hannon von der University of Cambridge. Erhielten die Mäuse dagegen eine Asparagin-reiche Ernährung, nahm die Metastasierungsrate zu. „Unsere Studie bestätigt, was sich in letzter Zeit zunehmend abzeichnet: Die Ernährung kann den Verlauf der Erkrankung beeinflussen“, konstatiert Knott.
Ob diese Zusammenhänge auch beim Menschen gelten, sollen nun weiterführende Studien zeigen. Zunächst wollen die Wissenschaftler an gesunden Probanden testen, wie sich eine Asparagin-arme Diät auf die Konzentration der Aminosäure im Körper auswirkt. Danach könnten erste Untersuchungen mit Krebspatientinnen erfolgen.
Hoffnung auf neue Therapien
Lassen sich die Ergebnisse bestätigen, stehen Betroffenen mit Mammakarzinom zusätzlich zur herkömmlichen Behandlung künftig womöglich weitere Optionen offen: Neben einer entsprechenden Ernährungsumstellung könnten sie auch von dem Medikament L-Asparaginase profitieren.
Dieses Mittel kommt heute bereits in der Therapie von akuten lymphatischen Leukämien zum Einsatz. Bei dieser Erkrankung ist ein Zusammenhang mit Asparagin schon länger bekannt. Womöglich könne Asparagin auch noch bei anderen Krebserkrankungen eine entscheidende Rolle spielen, schließt das Team. (Nature, 2018; doi: 10.1038/nature25465)
(Cancer Research UK/ Cedars-Sinai Medical Center, 08.02.2018 – DAL)