Kollision von Laserpuls und Elektronenstrahl
Dieser Nachweis könnte nun James Cole vom Imperial College London und seinen Kollegen gelungen sein. In ihrem Experiment übernahmen energiereiche Laserpulse die Rolle des Lichts. Um die nötige Intensität zu erreichen, fokussierten die Forscher den Laser auf einen nur wenige Mikrometer kleinen Punkt und verkürzten die Pulsdauer auf 40 Femtosekunden.

Im All kommt die Strahlungs-Rückwirkung an Schwarzen Löchern und Quasaren vor. © NASA
Als Materie-Gegenpart nutzten die Physiker einen Elektronenstrahl, der durch ein spezielles Verfahren, die sogenannte Laser-Wakefield-Technik, auf extrem hohe Geschwindigkeit beschleunigt wurde. Die Elektronen im Strahl erreichten dadurch Energien um 550 Megaelektronenvolt (MeV), wie Cole und seine Kollegen berichten. Jetzt mussten sie nur noch gut genug zielen, um beide Strahlen zusammentreffen zu lassen.
Licht wird Gammastrahlung
„Wir wussten, dass die Kollision erfolgreich war, als wir starke Gammastrahlung registrierten“, berichtet Coles Kollege Stuart Mangles. Denn wenn Photonen mit Materie nahe der Lichtgeschwindigkeit kollidieren, verschiebt sich durch die Energieübertragung das Spektrum des reflektierten Lichts vom sichtbaren in den energiereicheren Gammastrahlenbereich.
„Das endgültige Resultat aber bekamen wir, als wir diese Strahlung mit der nach der Kollision im Elektronenstrahl verbliebenen Energie verglichen“, sagt Mangles. Liegt ein Strahlungs-Rückwirkungs-Effekt vor, dann müssten die Photonen Energie gewonnen, die Elektronen aber Energie verloren haben – und dadurch langsamer geworden sein.

Der intensive Laserpuls bremst die Elektronen im beschleunigten Strahl ab - das ist Folge der Strahlungs-Rückwirkung. © Imperial College London/ Stuart Mangles
Elektronen werden langsamer
Und tatsächlich: Die Energie der Elektronenstrahlen sank von 550 Megaelektronenvolt auf rund 470 MeV – und das in jedem der vier erfolgreichen Kollisionen, wie die Forscher berichten. „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Elektronen durch bloßen Zufall nach allen vier Kollisionen eine Energie von unter 500 MeV haben, liegt bei nur 0,3 Prozent“, konstatieren Cole und seine Kollegen. „Das ist so unwahrscheinlich, dass wir daraus schließen, dass die Strahlungs-Rückwirkung für diesen Effekt verantwortlich sein muss.“
Damit ist es Physikern erstmals gelungen, diese exotische Licht-Materie-Wechselwirkung im Labor nachzuweisen. „Was ich an diesem Effekt so faszinierend finde ist, dass eine hauchdünne Lichtschranke die Elektronen dabei so effektiv stoppt wie sonst eine mehrere Millimeter dicke Bleibarriere“, sagt Koautor Alec Thomas von der Lancaster University.
Neue Einblicke
Die neue Möglichkeit, die Strahlungs-Rückwirkung im Labor zu erzeugen, eröffnet Forschern nun die Chance, auch astrophysikalischen Phänomene besser zu verstehen. Denn künftig könne sie mit solchen Experimenten die Vorgänge an Schwarzen Löchern und in anderen komischen Extremumgebungen nachbilden und besser untersuchen.
Interessant ist der Effekt aber auch deshalb, weil er über die Gesetze der klassischen Physik hinausgeht: Wie die Physiker erklären, passen ihre experimentellen Daten eher zu den auf der Quantenmechanik beruhenden theoretischen Modellen als zu den Maxwellschen Gleichungen der klassischen Physik. (Physical Review X, 2018 doi: 10.1103/PhysRevX.8.011020)
(Imperial College London, 09.02.2018 – NPO)
9. Februar 2018