Paradoxer Kollaps: Bisher galten auftauende Gashydrate als gefährlichste Auslöser für Untersee-Hangrutsche. Doch jetzt zeigt sich, dass diese Verbindung aus Eis und Methan solche Rutschungen gerade dann verursachen kann, wenn sie stabil bleibt. Wie Forscher bei seismischen Messungen vor Spitzbergen herausgefunden haben, kann sich unter einer solchen Schicht Methangas sammeln, das dann mit Überdruck aufsteigt und dabei den Meeresgrund destabilisiert.
Im Laufe der Erdgeschichte, aber auch in der Gegenwart kommt es immer wieder vor, dass Teile von unterseeischen Hängen den Halt verlieren und abrutschen. Spuren solcher submarinen Handrutschungen und der von ihnen ausgelösten Tsunamis haben Forscher unter anderem vor Norwegen, vor Neuseeland und Australien nachgewiesen. Bei einigen Untersee-Erdrutschen sind die Ursachen klar: Erdbeben oder Vulkanausbrüche haben den Meeresgrund destabilisiert. Aber in vielen anderen Fällen sind die Gründe weniger ersichtlich.
Gefahr durch Klimaerwärmung
Es gibt bei diesen Fällen jedoch eine Gemeinsamkeit: Viele dieser Hangrutschungen ereigneten sich dort, wo es im Meeresgrund ausgedehnte Vorkommen von Gashydraten gibt. Diese festen, eisartigen Verbindungen aus Wasser und Gasen gelten als eine Art Zement, der die Hänge unter Wasser festigt. Wenn jedoch die Temperatur des Meeresbodens steigt und der Druck nachlässt, lösen sich diese Verbindungen auf und das Methangas entweicht.
Genau dies ist zurzeit an vielen Kontinentalhängen weltweit zu beobachten, ob an der US-Ostküste, im Pazifik oder sogar im Südpolarmeer. Der Klimawandel und die damit verbundene Erwärmung von Meer und Meeresboden beginnt offenbar, die Gashydrate aufzutauen. Forscher befürchten, dass damit auch das Risiko für katastrophale Hangrutschungen steigt. Dass viele fossile Rutschungen im Bereich von Gashydratlagerstätten liegen, nährt diese Vermutung.