Klima

Klimawandel: Pinguine müssen umziehen

Erderwärmung verdrängt 70 Prozent der Königspinguine von ihren Brutplätzen

Königspinguine sind sehr anspruchsvolle Tiere - das könnte ihnen schon bald zum Verhängnis werden. © Robin Cristofari

Zwangsumzug für Pinguine: 70 Prozent der weltweiten Königspinguin-Kolonien könnten schon bald verschwunden sein. Eine Prognose zeigt: Schreitet der Klimawandel so voran wie bisher, ändert sich das Nahrungsangebot für einen Großteil der Meeresvögel dramatisch. Als Folge brechen die betroffenen Kolonien ein. Ein Umzug in südlichere Gefilde könnte jedoch zumindest einen Teil der Tiere retten, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“ berichten.

Königspinguine sind sehr anspruchsvolle Tiere: Sie gründen ihre Kolonien, in denen sie sich paaren, Eier legen und Jungtiere großziehen, ausschließlich auf Inseln mit ganz bestimmten Eigenschaften. Neben ganzjährig niedrigen Temperaturen muss die Insel entweder Sand- oder Kiesstrände bieten und darf nicht vollständig von Meereis umschlossen sein. Vor allen Dingen bedarf es aber ertragreicher und stabiler Nahrungsquellen zur Versorgung des hungrigen Nachwuchses.

Jahrtausendelang konnten sich die Meeresvögel dabei auf die antarktische Polarfront verlassen. Dieses Strömungssystem transportiert Wassermassen aus der Tiefe an die Oberfläche und sorgt dadurch für große Fischvorkommen in einem verhältnismäßig kleinen Gebiet. Durch den Klimawandel verlagert sich die Polarfront jedoch zunehmend nach Süden – und entfernt sich von den von Königspinguinen besiedelten subantarktischen Inseln. Die Elterntiere sind gezwungen, längere Distanzen zurückzulegen, um Nahrung zu finden.

1,1 Millionen Brutpaare bedroht

Robin Cristofari von der Universität Straßburg und seine Kollegen haben nun untersucht, welche Folgen die immer länger andauernden Jagdzüge der Pinguine künftig für deren Kolonien haben könnten. Für ihr Modell nutzten die Forscher unter anderem Genomanalysen, um Veränderungen der Populationsgröße in den letzten 50.000 Jahren zu rekonstruieren und herauszufinden, wie die Tiere auf frühere Klimawandel reagiert haben.

Die Ergebnisse zeigen: Die mit Erderwärmungen verbundenen Änderungen der Meeresströmungen und der Position der antarktischen Polarfront sind in der Vergangenheit immer mit kritischen Phasen für die Vögel einhergegangenen. Mit Blick auf die Zukunft bedeutet das nichts Gutes. So prognostiziert das Modell der Wissenschaftler, dass 70 Prozent der Königspinguine bereits vor dem Ende dieses Jahrhunderts verschwunden sein könnten – das entspricht rund 1,1 Millionen Brutpaaren.

Die Pinguine müssen künftig immer weitere Strecken zurücklegen, um genügend Nahrung zu finden. © Celine LeBohec

Zu lange Jagddistanzen

Schreitet der Klimawandel so voran wie bisher, werden demnach 49 Prozent der Königspinguine ihren Lebensraum komplett verlieren, weil die Jagdstrecken so weit werden, dass die Jungtiere nicht mehr genügend Nahrung erhalten und die Kolonie zusammenbricht. Davon sind vor allem auf den Crozetinseln und den Prinz-Edward-Inseln brütende Pinguine betroffen.

Weiteren 21 Prozent – insbesondere Pinguinen von den Falklandinseln, den Kerguelen und Feuerland – droht zumindest der Kollaps. Denn sie werden regelmäßig Strecken zurücklegen müssen, die nur knapp unter der Grenze des gerade noch Machbaren liegen. Jagdzüge ab 700 Kilometern gelten als Distanz, bei der keine erfolgreiche Aufzucht des Nachwuchses mehr möglich ist.

Rettender Umzug?

Damit all diese Tiere dem Klimawandel nicht zum Opfer fallen, müssen sie wandern. „Das Hauptproblem ist, dass es nur wenige Inseln im Südpolarmeer gibt und nicht alle von ihnen für Pinguinkolonien geeignet sind“, sagt Cristofari. Trotzdem glauben die Forscher, dass ein Teil der verlorenen Kolonien ersetzt werden kann, indem die Pinguine in südlichere Gebiete umziehen.

Zum einen könnten vertriebene Pinguine zu bereits bestehenden Kolonien mit besseren Bedingungen migrieren. So verbessern sich durch die Erderwärmung wahrscheinlich die Jagdbedingungen auf der Heard-Insel südöstlich der Kerguelen sowie auf Südgeorgien. Als Folge könnten die dortigen Populationen wachsen. Zum anderen könnten sich die Königspinguine neue Lebensräume erschließen. Ein solches Refugium könnte beispielsweise die Bouvetinsel darstellen, 2.500 Kilometer südwestlich des Kaps der Guten Hoffnung in Südafrika.

Kann ein Umzug die in großen Kolonien brütenden Meeresvögel retten? © Celine LeBohec

Hoffnung…

Doch wie wahrscheinlich ist es, dass den Königspinguinen die Neuorientierung gelingt? Der Blick ins Genom der Tiere gibt den Forschern zufolge Grund zu Optimismus: „Die äußerst geringen genetischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Pinguinkolonien deuten darauf hin, dass regelmäßig Tiere zwischen den Kolonien hin- und her migrieren“, erklärt Mitautor Emiliano Trucchi von der Universität Oslo.

„In anderen Worten: Die Königspinguine sind sehr gut darin, neue sichere Brutstätten zu finden, wenn es für ihre bisherigen Kolonien schlecht aussieht“, sagt der Forscher. Im Laufe ihrer Geschichte haben die Pinguine so schon mehrere kritische Phasen überlebt.

… mit Einschränkungen

Allerdings hat die aktuelle Erderwärmung im Vergleich zu früheren Klimawandeln einen bedeutenden Unterschied: Zum ersten Mal in der Geschichte der Pinguine sind es menschliche Einflüsse, die zu besonders schnellen und möglicherweise unumkehrbaren Veränderungen auf der Erde führen und dabei auch die abgelegensten Regionen der Welt betreffen.

Zusätzlich hat sich der Fischfang im Südpolarmeer stark vermehrt, was den Pinguinen die Nahrungssuche ebenfalls erschwert. Und selbst ohne die Fischerei ist die Konkurrenz bei der Suche nach Brutstätten und Nahrung für die Königspinguine schon groß, insbesondere durch andere Pinguinarten wie den Zügelpinguin, den Eselspinguin oder den Adeliepinguin.

„Vorhersagen zum Fortbestand der Pinguinkolonien lassen sich nicht leicht treffen, aber es wird sicherlich Verluste geben. Wenn wir die Pinguine erhalten wollen, müssen wir vorausschauende und wirksame Schutzmaßnahmen treffen“, schließt Trucchi. (Nature Climate Change, 2018; doi: 10.1038/s41558-018-0084-2)

(Universität Wien/ Nature Press, 27.02.2018 – DAL)

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