Physik

Kugelblitz im Nano-Maßstab

Exotischer Quantenknoten könnte Innenleben von Kugelblitzen erklären

Kugelblitze sind noch immer rätselhaft. Jetzt könnten Forscher ihre Struktur im Nano-Maßstab nachgebaut haben. © Heikka Valja

Verknäuelte Spins: Ein winziger Magnetwirbel könnte neues Licht auf die mysteriösen Kugelblitze werfen. Denn noch immer ist rätselhaft, wie diese Leuchterscheinungen der Atmosphäre entstehen. Jetzt haben Physiker Gebilde aus verknoteten Spins erzeugt, deren elektromagnetische Eigenschaften verblüffenden denen von Kugelblitzen ähneln. Möglicherweise könnte ihre Methode sogar genutzt werden, um echte Kugelblitze und Plasmabälle im Labor zu produzieren.

Kugelblitze sind ebenso rätselhaft wie umstritten. Sie schweben wie leuchtende Bälle in der Luft, sollen Fensterscheiben durchdringen und sich an Stromkabeln entlangbewegen können. Doch ob es diese Leuchterscheinungen wirklich gibt, ist noch immer unklar. Einer der Gründe dafür: Bisher weiß niemand, wie Kugelblitze entstehen und warum sie so viel langlebiger sind als ein normaler Blitz. Zwar haben Forscher bereits kugelblitzähnliche Plasmaphänomene im Labor erzeugt, aber auch ihre Physik ist rätselhaft.

Knoten aus verknäulten Feldlinien

Umso spannender könnte ein Experiment sein, das nun Wonjaer Lee vom Amherst College und seine Kollegen durchgeführt haben. Ausgangspunkt dafür war bestimmte Theorie zur Struktur der Kugelblitze. „Sie schreibt die erstaunliche Langlebigkeit der Kugelblitze der Präsenz eines elektromagnetischen Knotens zu“, erklären die Forscher. „Dabei bilden die magnetischen Feldlinien geschlossene, verlinkte Ringe, die in dem Plasma die verknäuelten elektrischen Ströme leiten und stützen.“

Diese magnetische Knotenstruktur haben die Forscher jetzt im Nano-Maßstab reproduziert. Dafür kühlten sie eine Wolke von Rubidium-Atomen so weit herunter, dass diese ein Bose-Einstein-Konsensat bildeten. In diesem Zustand minimaler Energie verlieren die Atome ihre Eigenständigkeit und verhalten sich wie ein großes Riesenatom.

Ringe aus ineinander verknäulten magnetischen Feldlinien machen das Shankar-Skyrmion so kugelblitzähnlich. © David Hall

Quantenball im Kondensat

Nun folgte der entscheidende Schritt: Die Physiker setzten das Kondensat einem Magnetfeld aus, das erst alle Elektronenspins brachte. Dann veränderten sie das Feld so, dass die Feldlinien aus vier Richtungen kamen und in der Mitte der Atomwolke eine magnetneutrale Zone entstand. Das bewirkte eine Neuausrichtung der Spins: Sie begannen, sich zu mehreren, ineinander verknäulten Ringe anzuordnen – es entstand ein Quantenknoten.

„Dabei winden sich nicht nur die Spins umeinander, auch die Quantenphase des Kondensats bildet Knotenringe“, erklärt Seniorautor David Hall vom Amherst College. Ändert der Spin seine Richtung, reagiert auch das Kondensat darauf ähnlich wie es ein geladenes Teilchen in einem Magnetfeld tun würde. Das macht dieses Gebilde eher zu einem Skyrmion – einem magnetischen Wirbel im Quantenmaßstab – als zu einem Quantenknoten.

Gibt es bald auch echte Kugelblitze aus dem Labor? © Pobytov/ iStock.com

Wie in einem Kugelblitz

Das Besondere daran: Ähnlich wie für Kugelblitze postuliert, lassen sich die Knotenwindungen dieser Quantengebilde zwar lockern, nicht aber komplett lösen. Und auch die verknotete elektromagnetische Struktur gleicht der für Kugelblitze angenommenen. Die Forscher halten es daher für durchaus wahrscheinlich, dass sie künftig mit einer ähnlichen Methode auch echte Kugelblitze erzeugen können.

„Das Bemerkenswerte daran ist, dass wir diesen elektromagnetischen Knoten – den Kugelblitz im Quantenmaßstab – im Prinzip nur durch zwei gegeneinander zirkulierende elektrische Ströme und ihr Magnetfeld erzeugt haben“, sagt Koautor Mikko Möttönen von der Aalto Universität. „Das könnte auch erklären, warum Kugelblitze in normalen Blitzen entstehen können.“

Nützlich auch für Fusionsreaktoren?

Sogar für künftige Fusionsreaktoren könnten die neuen Erkenntnisse nützlich sein. Denn die verknoteten elektromagnetischen Felder könnten helfen, das Plasma in solchen Reaktoren einzuschließen – indem es aus der heißen Masse einen schwebenden Ball formt. „Weitere Studien sind nun nötig, um hier eine mögliche Lösung zu finden „, sagt Möttönen. (Science Advances, 2018; doi: 10.1126/sciadv.aao3820)

(Aalto University, 05.03.2018 – NPO)

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