Neurobiologie

Hunde „sehen“, was sie riechen

Hunde erzeugen ein mentales Bild ihrer Geruchseindrücke

Hunde nehmen ihre Umgebung hauptsächlich über ihren ausgezeichneten Geruchssinn wahr. © Petra Jahn

Geruchsbilder im Kopf: Schnüffelnde Hunde haben bereits eine konkrete Vorstellung davon, was sie am Ende ihrer Geruchsspur erwartet, wie ein Experiment nahelegt. Noch während des Schnüffelns erkennen die Vierbeiner, von welchem Spielzeug beispielsweise eine Duftspur stammt und suchen gezielt nach diesem Objekt. Das könnte bedeuten, dass die Vierbeiner ähnlich wie wir Menschen mentale Abbilder ihrer Sinneseindrücke erzeugen.

Hunde sind bekannt für ihre fabelhaften Spürnasen. Abgesehen von Drogen und Sprengstoffen, können ausgebildete Suchhunde selbst Krebserkrankungen und Handys sicher aufspüren. Dabei helfen ihnen nicht nur die 300 Millionen Rezeptorzellen in der Nase, sondern auch eine spezielle Atemtechnik. Doch wie genau Hunde einen Geruch wahrnehmen, ist nicht bekannt: Haben sie eine Vorstellung von dem was sie riechen? Entsteht in ihren Köpfen eine mentale Repräsentation des gesuchten Objektes?

Polizei- und Familienhunde folgen einer Geruchsspur

Um diesen Fragen nachzugehen, testeten Juliane Bräuer vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena und ihre Kollegen den Geruchssinn von 48 Hunden. 25 von ihnen hatten bei Polizei oder Rettungsstaffel eine Ausbildung genossen, 23 waren „Familienhunde“ ohne besondere Ausbildung.

Schematischer Testaufbau © Juliane Braeuer and Julia Belger

Zunächst wurden in einem Vortest für jeden Hund zwei Spielzeuge ermittelt, die er gerne apportierte. Im richtigen Experiment zogen die Forscher dann mit einem der beiden Objekte eine Geruchsspur durch einen Raum bis hinter eine Tür. Hier wartete – geruchsdicht verpackt – entweder das zur Geruchsspur passende Objekt (Normalbedingung) oder das andere Spielzeug (Überraschung). Die Hunde folgten in vier Durchgängen dem Geruch bis in den hinteren Raum und die Forscher filmten ihre Reaktion auf das Objekt.

Überraschte Hunde zögern

Das Ergebnis: Fanden die Hunde nicht das zur Geruchsspur passende Objekt, zeigten sie einen deutlichen „Überraschungseffekt“. „Tatsächlich zeigte eine ganze Reihe von Hunden vor allem im ersten Testdurchgang der Überraschungsbedingung ein interessantes Verhalten, das wir als ‚Zögern‘ bezeichneten: Obwohl sie das Spielzeug offensichtlich wahrgenommen hatten, suchten sie weiter, vermutlich nach dem Spielzeug, dessen Geruchsspur sie gefolgt waren.“

Allerdings verschwand dieses Verhalten in den nachfolgenden Tests. Als Grund vermuten die Forscher, dass die Hunde sich dadurch beeinflussen ließen, dass sie nach jedem Durchgang, egal wie er ausfiel, durch Spielen belohnt wurden. Möglich wäre auch, dass der Raum trotz Säuberung noch nach dem passenden Spielzeug der vorigen Durchgänge roch.

Hunde haben ein Bild im Kopf

Die Ergebnisse des ersten Testdurchgangs sind für Bräuer jedoch ein Hinweis darauf, dass in den Köpfen der Hunde eine mentale Repräsentation des gesuchten Objektes entsteht. Das bedeutet: Ähnlich wie wir Menschen beim Riechen von leckerem Kuchenduft schon den Kuchen quasi vor uns sehen, haben auch Hunde eine konkrete Vorstellung davon, was sie am Ende einer Geruchsspur erwartet – ob beispielsweise ein Ball oder ein Plüschtier.

„Interessant war auch der Vergleich zwischen Arbeitshunden und Familienhunden“, sagt Bräuer. Erwartungsgemäß hatten die ausgebildeten Hunde in den ersten Tests die Nase vorn, die Familienhunde lernten jedoch schnell dazu. Am Ende der Testreihen waren sie genauso schnell und zielstrebig wie ihre professionellen Artgenossen. (Journal of Comparative Psychology, 2018; doi: 10.1037/com0000115)

(Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, 06.03.2018 – YBR)

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