Technik

Starb Amelia Earhart doch auf Nikumaroro?

Auf Pazifikinsel gefundene Knochen passen zur Größe und Statur der Flugpionierin

Amelia Earhart neben der Electra Lockheed, dem Flugzeug, mit dem sie 1937 bei ihrer Weltumrundung verschollen ist. © historisch

Schicksal geklärt? Die 1937 verschollene US-Flugpionierin Amelia Earhart könnte auf der Pazifikinsel Nikumaroro gestorben sein. Dort gefundene Knochen könnten entgegen früheren Annahmen doch von einer Frau stammen – und ihre Maße passen zu denen der Pilotin, wie ein US-Anthropologe jetzt ermittelt hat. Seiner Einschätzung handelt es sich bei den Knochen mit hoher Wahrscheinlichkeit um die sterblichen Überreste von Earhart.

Ihr Schicksal ist bis heute ungeklärt: Die US-Flugpionierin Amelia Earhart galt als die „Königin der Lüfte“. Denn als erste Frau und zweiter Mensch nach Charles Lindbergh gelang ihr ein Soloflug über den Atlantik. Weitere Rekorde waren unter anderem der erste Alleinflug von Kalifornien nach Hawaii und ein Höhenweltrekord für Frauen.

Im Jahr 1937 startete Earhart gemeinsam mit ihrem Navigator Fred Noolan zu einem neuen Rekordversuch: einer Weltumrundung. Doch auf der Etappe zwischen Neuguinea und der Howardinsel im Pazifik brach der Kontakt mit der Flugpionierin ab. Das letzte Lebenszeichen empfing die Funkstation der Howardinsel am 2. Juli 1937. Das Schicksal von Amelia Earhart und ihrem Begleiter blieb ein Rätsel.

Knochenfund auf Nikumaroro

1940 jedoch entdeckte ein britischer Offizier auf dem 350 Seemeilen südlich von Earharts Route liegenden Atoll Nikumaroro vielversprechende Überreste: Er fand einen Schädel und die Arm- und Beinknochen eines Menschen, außerdem eine Sextantenkiste, den Teil eines Damenschuhs sowie eine Flasche mit französischem Bénédictine-Likör – eine Marke, die Earhart bekanntermaßen schätzte.

Satellitenbild des Atolls Nikumaroro in der Südsee - hier wurden die Knochen gefunden, die von Amelia Earhart stammen könnten. © NASA/JSC

Handelte es sich um die Überreste von Amelia Earhart? 1941 untersuchte und vermaß der Leiter der medizinischen Schule von Fidschi, D. Hoodless, die Knochen. Auf Basis seiner Messungen kam er jedoch zu dem Schluss, dass die Knochen zwar europäisch-nordamerikanischer Herkunft sein könnten, aber von einem untersetzten Mann im mittleren Alter stammten – damit konnten dies nicht die Überreste von Earhart sein. Ihr Navigator Noonan passte ebenfalls nicht ins Bild – er war zu groß.

Doch die Knochen einer Frau?

Doch nun weckt eine neue Studie Zweifel an den damaligen Schlussfolgerungen. Die damals untersuchten Knochen sind zwar inzwischen verloren gegangen, die Original-Aufzeichnungen der Messungen aber blieben erhalten. Richard Jantz, ein Anthropologe von der University of Tennessee in Knoxville, hat nun diese Messdaten mit modernen statistischen Methoden ausgewertet und mit Informationen zur Größe und Statur von Amelia Earhart verglichen.

Das Ergebnis: Die auf Nikumaroro gefundenen Knochen sind weniger eindeutig männlich als es Hoodless damals annahm. Geht man von den Längenverhältnissen und der Dicke der Arm- und Beinknochen aus, könnten sie stattdessen auch von einer großgewachsenen, eher schmalhüftigen Frau stammen, wie Jantz erklärt.

Dieses Foto nutzte Jantz, um die Armlänge von Earhart (Mitte) zu rekonstruieren. © historisch

Maße würden zu Earhart passen

Doch passt Amelia Earhart in dieses Bild? Das hat Jantz anhand von Kleidungsstücken der Flugpionierin und Fotos, die eine Vermessung ihrer Statur ermöglichen, ermittelt. Sein Ergebnis: Earhart war zwischen 1,70 und 1,72 Meter groß und damit größer als rund 90 Prozent ihrer Altersgenossinnen. Diese Größe würde zur Größe des Skeletts von Nikumaroro passen, so Jantz.

Aus den Fotos geht zudem hervor, dass die Pilotin zwar schmale Hüften, aber kräftige Arme und Beine hatte – was ebenfalls zu den Merkmalen der Nikumaroro-Knochen passt. „In allen Aspekten, die uns bekannt sind, stimmen die Knochen mit den Maßen von Earhart überein“, konstatiert Jantz. „Ihre Größe passt und die Schädelmessungen könnten von einer Frau stammen. Am überzeugendsten aber ist die Übereinstimmung der Knochenlängen.“

„Es ist die überzeugendste Erklärung“

Nach Ansicht des Anthropologen ist es daher zumindest sehr wahrscheinlich, dass es sich bei diesen Knochen um die Überreste von Amelia Earhart handelt. „Solange nicht eindeutige Beweise dagegen gefunden werden, ist dies die überzeugendste Erklärung“, sagt Jantz. „Sie war in der Nähe von Nikumaroro, verschwand und die auf der Insel entdeckten Überreste stimmen besser mit ihren Maßen überein als mit 99 Prozent einer Referenzpopulation.“

Im Sommer 2017 hat eine Expedition im Auftrag der International Group for Historic Aircraft Recovery (TIGHAR) auf Nikumaroro nach weiteren Knochen gesucht. Hunde sollte helfen, mögliche Überreste aufzuspüren. Doch die zweieinhalb Wochen lange Fahndung blieb erfolglos, wie die Forscher in ihrem Projekt-Blog berichteten. Tauchgänge vor der Küste der Insel bestätigten jedoch, dass der Meeresboden mit Trümmern verschiedenster Art übersät ist. Ob sich auch Wrackteile eines Flugzeugs darunter befinden, ist allerdings noch unbekannt. (Forensic Anthropology, 2018; doi: 10.5744/fa.2018.0009)

(University of Tennessee at Knoxville, 09.03.2018 – NPO)

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