Ganz ohne Pigmente: Schon vor rund 180 Millionen Jahren nutzten Schmetterlinge komplexe Nanostrukturen, um ihre Flügel farbig erscheinen zu lassen. Das zeigen gut erhaltene Fossilien aus dem Zeitalter des Jura. Die Relikte sind damit der mit Abstand früheste Beleg für solche sogenannten Strukturfarben bei Faltern. Farbe spielte demnach schon früh in der Evolution dieser Insektenordnung eine entscheidende Rolle, wie Forscher berichten.
Die schillernden Federn eines Pfaus, vielfarbig glitzernde Edelsteine oder bunt leuchtende Schmetterlingsflügel: Viele Farben der Natur entstehen nicht durch Pigmente, sondern durch Tricks der Physik. Komplexe Strukturen im Nanomaßstab beugen oder überlagern die unterschiedlichen Wellenlängen des Lichts und erzeugen auf diese Weise die Illusion von Farbigkeit.
Bei Tieren wie Schmetterlingen dient dieses Farbenspiel der Kommunikation wichtiger Signale, an denen sich zum Beispiel potenzielle Sexualpartner erkennen oder die Feinde abschrecken sollen. Kaum eine Insektenordnung hat dabei eine solche Vielfalt an Strukturfarben entwickelt wie die Falter – vermutlich ist dies eines der Geheimnisse hinter ihrem evolutionären Erfolg.
Die Ursprünge der Färbung
Doch wann entstanden die ersten Schmetterlinge mit Flügelschuppen, die verschiedene Anteile des einfallenden Lichts unterschiedlich reflektieren konnten? Der bisher früheste Beleg für solche farbgebenden Nanostrukturen bei Schmetterlingen ist rund 50 Millionen Jahre alt. Eine Analyse noch älterer Relikte offenbart nun jedoch: Die Wurzeln der Strukturfarben reichen viel weiter in die Vergangenheit zurück.
Für ihre Studie haben Wissenschaftler um Qingqing Zhang von der Chinese Academy of Sciences in Nanjing in Europa und Asien gefundene Fossilien von Schmetterlingen aus der Jurazeit sowie der verwandten ausgestorbenen Ordnung der Taumelflügler aus der mittleren Kreidezeit untersucht – Fossilien, von denen die ältesten Exemplare etwa 180 Millionen Jahre alt sind. Was würden die erhaltenen Flügelschuppen über die Farbe der urzeitlichen Tiere verraten?
Metallisches Farbenspiel
Um die feinsten Details der fossilen Flügel zu erfassen, analysierten die Forscher sie mithilfe modernster Mikroskopieverfahren. Es zeigte sich: Das Schuppenkleid besteht bei den Urzeit-Schmetterlingen aus zwei grundlegenden Schichten. Die oberste Schicht enthält größere, übereinanderlappende Schuppen, darunter liegt eine Schicht aus kleineren Schuppen. Die oberen Flügelschuppen sind dabei von Nanostrukturen in einer Art Fischgrätenmuster überzogen.
Optische Simulationen offenbarten, dass das Arrangement der Schuppen gemeinsam mit den 140 bis 2.000 Nanometer großen Strukturen tatsächlich Licht im sichtbaren Spektrum reflektiert und für ein prächtiges Farbenspiel gesorgt haben könnte. Demnach erschienen die Flügel der Schmetterlinge zu Lebzeiten in metallischen Tönen von bronzefarben bis golden. Bei den Taumelflüglern fanden die Forscher dagegen ein System aus einlagigen Schuppen und ebenfalls möglicherweise farbgebenden Nanostrukturen.
Wichtiger Faktor für die Evolution
Damit ist klar: Der Ursprung der Strukturfarben beim Schmetterlingsflügel reicht mindestens 180 Millionen Jahre in die Vergangenheit zurück – und damit 130 Millionen Jahre weiter als bisher bekannt. „Diese Fossilien gehören zu den ältesten bekannten Vertretern von Schmetterlingen“, sagt Mitautorin Maria McNamara vom University College Cork. „Wir hätten nicht gedacht, hier bereits mikroskopische Strukturen zu finden, die Farbe produzieren. Das zeigt: Farbe war ein wichtiger Faktor für die Evolution der Falterflügel.“
Gleichzeitig deutet der Vergleich mit der ausgestorbenen Schwesterordnung der Taumelflügler daraufhin, dass vermutlich schon ein gemeinsamer Vorfahre von Vertretern dieser beiden Gruppen über Flügelschuppen verfügte, wie das Team berichtet. Die Doppelschicht-Struktur scheint sich dann als fundamentale Eigenschaft der Schmetterlingsflügel entwickelt zu haben, die sie von denen der Taumelflügler unterscheidet. (Science Advances, 2018; doi: 10.1126/sciadv.1700988)
(Chinese Academy of Sciences Headquarters/ University of Exeter/ AAAS, 12.04.2018 – DAL)