Feine Widerhaken: Forscher haben ein Verfahren entwickelt, um Aluminiumteile stabil miteinander sowie mit Kunststoffen zu verbinden. Dafür ätzen sie eine ultrafeine Widerhakenstruktur in die Metalloberfläche. Ihre Methode erfordert kein Schweißen mehr, schont das Material und ist individuell einsetzbar, wie die Wissenschaftler berichten.
Um Metalle miteinander zu verbinden, ist Schweißen heute die Technik der Wahl. Unter hohen Temperaturen werden dabei Metallteile lokal miteinander verschmolzen, zuverlässig und bombenfest. Das Standardverfahren ist aber nicht ohne Makel: In der Wärmeeinflusszone kann sich das Material verziehen und es bedarf besonderer Sicherheitsvorkehrungen und Schulungen. Außerdem kann nur Metall auf Metall verschweißt werden, nicht jedoch Metall auf Kunststoff.
Eingeätzte Widerhaken
Melike Baytekin-Gerngross von der Christian-Albrechts-Universität (CAU) in Kiel und ihre Kollegen stellen nun ein neues Verfahren vor, das Aluminiumteile dauerhaft und stabil miteinander sowie mit Kunststoffen verbindet. Beim sogenannten „Nanoscale Sculpturing“ rauen die Forscher eine Metalloberfläche präzise mit einem elektrochemischen Ätzverfahren auf, wodurch eine feine, quaderförmige Widerhakenstruktur entsteht.
Zwei so behandelte Oberflächen verhaken sich ineinander und sind zusammen mit Kleber nur noch schwer voneinander zu trennen. „Wenn etwas bricht, dann höchstens der Kleber an sich oder das Material selbst, nicht aber die Verbindungsstelle“, betont Ingo Paulowicz von der Phi-Stone AG in Kiel, die das Verfahren mitentwickelt hat.
Flexibel und schonend
Das neue Verfahren biete gegenüber dem Schweißen einige Vorteile: „Die hohen Temperaturen beim Schweißen können zum Beispiel bereits behandelte und gestrichene Oberflächen zerstören“, sagt Seniorautor Rainer Adelung von der CAU. „Unser Verfahren dagegen funktioniert bei Raumtemperatur ohne besondere Schutzvorkehrungen.“
Das Klebeverfahren schont nicht nur die Materialien, sondern lässt sich auch einfacher und flexibler anwenden, beispielsweise in Ecken oder kopfüber an der Decke. Metalle lassen sich so bereits in wenigen Minuten miteinander verbinden. Auch die Klebefläche ist frei wählbar, denn die bei der Ätzung verwendeten Ätzzellen werden individuell mit dem 3D-Drucker hergestellt.
Selbst Metall auf Kunststoff ist möglich
Die neue Fügetechnik kann aber auch ganz neue Kombinationen von Materialien „verhaken“. Da keine Hitze benötigt wird, lässt sich Aluminium selbst mit Kunststoffen wie Silikon fest verbinden. „Das könnte zum Beispiel für die Medizintechnik interessant sein“, sagt Adelung. Auch beim Bau von Schiffen, Flugzeugen und Autos sehen die Forscher großes Potential, da Bauteile auch noch nachträglich angebracht werden könnten.
Um ihr neues Verfahren industriell anwenden zu können, haben die Wissenschaftler mit der Phi-Stone AG einen mobilen und einfach zu bedienenden Prototypen entwickelt, den sie derzeit auf der Hannover Messe präsentieren: „Metalangelo“. Der Name ist an den Bildhauer Michelangelo angelehnt, der die Oberfläche des Marmors nach seinen Wünschen formte. (Nanoscale Horizons, 2016; doi: 10.1039/C6NH00140H)
(Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, 24.04.2018 – YBR)