„Unmögliches“ Ticken: Physiker haben eine bisher unbekannte Form von Zeitkristallen entdeckt – Materialien, deren Spins bei Anregung periodisch umklappen. Das Ungewöhnliche daran: Dieses „Ticken“ trat in hochgradig geordneten Kristallgittern ohne Fehlstellen auf. Genau das aber galt bisher als nicht möglich. Jetzt muss die Theorie zu solchen Zeitkristallen entsprechend überprüft und umgeschrieben werden.
Kristalle wie Diamant, Quarz oder auch Wassereis bestehen typischerweise aus einem regelmäßigen Atomgitter. Die räumlichen Grundeinheiten solcher Kristalle wiederholen sich periodisch. Doch im Jahr 2017 gelang es Physikern erstmals, Kristalle zu erzeugen, die auch eine zeitliche Periodizität besitzen. Bei diesen Zeitkristallen wechseln die Spins der Atome in einem regelmäßigen Takt ihre Richtung – sie „ticken“ wie eine Uhr, wenn sie beispielsweise elektromagnetsicher Strahlung ausgesetzt werden.
Zeitkristalle auch ohne Störstellen?
Doch bisher hielt man Zeitkristalle nur in Materialien für möglich, die Fehlstellen und damit Unregelmäßigkeiten im Gitter aufweisen. Denn nur damit, so die Annahme, wäre das System gegen die allmähliche Aufheizung durch die treibende Strahlung gefeit. Physiker bezeichnen den Mechanismus dahinter als Vielkörper-Lokalisation. Jetzt jedoch haben gleich zwei Forscherteams Zeitkristalle aus hochgradig geordneten Materialien ohne Gitterfehler erzeugt.
Sean Barrett von der Yale University und sein Team entdeckten diese Eigenschaft zu ihrem eigenen Erstaunen sogar in einem Allerweltkristall – einer Verbindung, die in vielen Kristallzüchtungs-Sets für Kinder enthalten ist. „Mein Student Jared Rovny hatte Monoammonium-Phosphat-Kristalle (MAP) für ein völlig anderes Experiment gezüchtet, deshalb hatten wir einen im Labor“, sagt Barett. Die Forscher beschlossen daher, den Kristall auf Verdacht mit Radiopulsen zu beschießen.