Archäologie

Keilschrift-Fund verrät assyrische Königsstadt

Tontafeln ermöglichen erstmals Lokalisierung der mesopotamischen Königsstadt Mardaman

Diese im Irak entdeckten 3.200 Jahre alten Tontafeln verraten, wo die mesopotamische Königsstadt Mardaman lag. © Peter Pfälzner/ Universität Tübingen

Spannender Fund: Im Irak haben Archäologen assyrische Keilschrifttafeln entdeckt, die Auskunft über einen lange rätselhaften Ort geben – die alte Königsstadt Mardaman. Denn wo diese vor 3.200 Jahren zerstörte Stadt lag, war bisher unbekannt. Die neuentdeckten Keilschrift-Texte verraten nun, dass der mesopotamische Königssitz genau dort lag, wo die Archäologen gegraben haben – im irakischen Bassetki.

Die Geschichte der Königsstadt Mardamans recht weit zurück in die Geschichte Mesopotamiens. Historische Quellen belegen, dass diese Stadt wahrscheinlich schon um 2250 vor Christus existierte – und damit bis in die Zeit des Akkadischen Reiches, einem der ersten Großreiche der Geschichte. Später, in der Zeit von 2100 bis 1200 vor Christus wurde Mardaman sogar zeitweilig zu einem assyrischen Königssitz, dann zum Sitz eines Gouverneurs.

Doch wo die Königsstadt Mardaman lag, blieb bisher unbekannt. Die Quellen erlaubten keine genaue Lokalisierung und den Aufzeichnungen zufolge wurde die Stadt um 1768 vor Christus zerstört. Doch auch Ruinen der Stadt konnten die Archäologen bisher nicht finden – oder sie nicht dieser Stadt zuordnen.

Tontafel-Archiv in Keramikhülle

Jetzt haben Archäologen um Peter Pfälzner von der Universität Tübingen einen Fund gemacht, der endlich verrät, wo Mardaman lag – und für Überraschung sorgt. Die Forscher waren im Sommer 2017 bei Ausgrabungen in der bronzezeitlichen Ruinenstadt Bassetki im Irak auf insgesamt 92 assyrische Keilschrifttafeln gestoßen. Sie stammen aus der Periode des mittelassyrischen Reichs um 1.250 vor Christus.

Die Keilschrifttaflen stammen aus einer Zeit, als Mardaman nur noch Gouverneurssitz war. © Peter Pfälzner/ Universität Tübingen

Die Tontafeln waren in einem Keramikgefäß gelagert, das zusammen mit zwei weiteren Gefäßen von einem dicken Lehmmantel umhüllt war. Die Archäologen vermuten daher, dass es sich um ein Keilschriftarchiv handelte, das damals bewusst sorgsam verpackt und aufbewahrt wurde. „Es wurde möglicherweise auf diese Weise versteckt, unmittelbar nachdem das umgebende Gebäude zerstört worden war“, erläutert Pfälzner. „Vielleicht sollten Informationen geschützt und für die Nachwelt aufbewahrt werden.“

Bassetki ist Mardaman

Inzwischen haben die Wissenschaftler die Texte auf diesen Tafeln entziffert – und dabei Überraschendes entdeckt. Denn den mittelassyrischen Schreibern zufolge war Bassetki die alte Königsstadt Mardaman. Wie die Keilschrifttexte zu erkennen geben, wurde diese Stadt nach ihrem Ende als Königssitz zum Sitz eines Statthalters des mittelassyrischen Reiches.

„Damit war plötzlich klar, dass wir mit unseren Ausgrabungen auf den assyrischen Gouverneurspalast gestoßen sind“, sagt Pfälzner. Sogar der Name des assyrischen Statthalters, Assur-nasir, sowie seine Aktivtäten und Aufgaben werden auf den Tafeln beschrieben. Wie die Forsche erklären, enthüllen diese Informationen auch, dass es damals eine bisher nicht bekannte Provinz des mittelassyrischen Reiches gab. Dieses erstreckte sich im 13. Jahrhundert vor Christus über weite Teile Nordmesopotamiens und Syriens.

Neue Einblicke in die assyrische Geschichte

„Mardaman wurde sicherlich auf Grund seiner Position an den Handelswegen zwischen Mesopotamien, Anatolien und Syrien zu einer bedeutenden Stadt und einem regionalen Königtum“, sagt Pfälzner. „Bisweilen war sie gar ein Widersacher der großen mesopotamischen Reiche.“ Die Identifizierung von Bassetki als Mardaman verrät auch, dass die Königsstadt entgegen bisherigen Annahmen nicht komplett zerstört wurde. „Die Stadt existierte kontinuierlich weiter und erlebte eine letzte Blüte als mittelassyrischer Gouverneurssitz zwischen 1.250 und 1.200 vor Christus“, so Pfälzner.

„Der Tontafelfund aus Bassetki liefert einen wichtigen neuen Beitrag zur Geographie Mesopotamiens“, ergänzt seine Kollegin Betina Faist. Möglicherweise könne sich mit diesem Puzzleteil die Lage weiterer früher Städte Mesopotamiens rekonstruieren lassen. Klar scheint aber schon jetzt: Die weiteren Ausgrabungen der Universität Tübingen in Bassetki lassen noch viele spannende Entdeckungen erwarten.

(Eberhard Karls Universität Tübingen, 09.05.2018 – NPO)

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