Unerwünschter Nebeneffekt: Der Einsatz der neuen Genschere CRISPR/ Cas9 könnte indirekt die Entstehung von Krebs fördern. Denn Forscher haben herausgefunden: Das molekularbiologische Werkzeug funktioniert am besten in Zellen, denen ein wichtiges Protein für die DNA-Reparatur fehlt – genau solche Zellen entarten aber auch besonders schnell. Bei der Auswahl erfolgreich editierter Zellen laufen Mediziner somit Gefahr, ihren Patienten versehentlich eine potenzielle Bedrohung mit zu transplantieren.
Die Genschere CRISPR/ Cas9 gilt als Durchbruch für die Gentherapie. Denn mit diesem Werkzeug lassen sich Mutationen im Erbgut einfacher und gezielter reparieren als zuvor. Forscher haben es unter anderem bereits genutzt, um eine Alzheimer-Mutation in menschlichen Zellen zu korrigieren und den Gendefekt der Sichelzellen-Anämie zu reparieren. Inzwischen wird die Methode sogar bereits in ersten klinischen Studien erprobt.
Trotz der anhaltenden Euphorie zeigt sich zunehmend allerdings auch: Das vermeintliche Wunderwerkzeug ist nicht so fehlerfrei wie gedacht. So scheint die Genschere ungewollte Veränderungen im Erbgut auslösen zu können. Außerdem hat sie womöglich einen weiteren unerwünschten Nebeneffekt, wie Emma Haapaniemi vom Karolinska-Institut in Stockholm und ihre Kollegen nun berichten: Ihr Einsatz könnte indirekt das Krebs-Risiko erhöhen.
Einsatz gegen DNA-Brüche
Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler den Einfluss der Genom-Editierung auf menschliche Zellen – und stellten fest: CRISPR/ Cas9 kann in den Zellen offenbar ein Protein namens p53 aktivieren. Dieses Molekül fungiert als eine Art Erste-Hilfe-Mittel bei DNA-Brüchen. Genau solche Brüche verursacht die Genschere durch ihre Schneidefunktion jedoch. Ein aktives p53-Protein reduziert daher die Effektivität der Technik. Umgekehrt funktioniert die Genschere in Zellen ohne p53 folglich deutlich besser.