Verlorener Boden: 75 Prozent der weltweiten Landfläche sind inzwischen durch Erosion, Versalzung, Übernutzung oder Austrocknung degradiert – und jedes Jahr kommt eine Fläche von der halben EU-Größe dazu. Das enthüllt der neue Weltatlas der Desertifikation. Er zeigt das aktuelle Ausmaß der Wüstenbildung und der Bodenerosion und liefert Prognosen bis 2050. Wenn nicht gegengesteuert wird, könnten bis dahin sogar 90 Prozent der Landfläche degradiert sein.
Fruchtbares Land ist eine der wertvollsten Ressourcen unseres Planeten – doch diese Landflächen werden immer weniger. Der Klimawandel, aber auch eine Übernutzung von Böden durch intensive Landwirtschaft und das Abholzen großer Waldgebiete führen dazu, dass immer mehr Böden degradieren und so unfruchtbar werden, dass kein Anbau mehr möglich ist. Bereits 2015 warnte ein UN-Bericht vor den Folgen dieses Landverlusts, der sogar die EU jedes Jahr 970 Millionen Tonnen Boden kostet.
Jährlicher Landverlust entspricht der halben EU-Fläche
Den aktuellen Stand der Landflächen weltweit zeigt nun der aktuelle Weltatlas der Desertifikation, erstellt von einem internationalen Forscherteam im Auftrag der EU. Nach 1992 und 1998 ist dies erst der dritte Wüstenatlas dieser Art. für ihn haben Wissenschaftler den Zustand der Landflächen, aber auch die Ursachen für Veränderungen auf allen Kontinenten ermittelt.
Das alarmierende Ergebnis: Inzwischen sind bereits 75 Prozent der irdischen Landflächen degradiert. In diesen Gebieten hat die Fruchtbarkeit der Böden messbar abgenommen, wie die Forscher berichten. Weltweit geht durch die Bodendegradation pro Jahr eine Fläche von 4,18 Millionen Quadratkilometern verloren – das entspricht der halben Größe der EU.
Auch Europa ist betroffen
Besonders betroffen vom Verlust des fruchtbaren Landes sind Afrika und Asien. Aber auch in Europa nimmt die Bodendegradation ständig zu: In der EU sind bereits acht Prozent der Landfläche von Desertifikation betroffen, wie der Atlas zeigt. Diese Gebiete liegen vor allem im Süden Europas. Neben Spanien und Portugal sind vor allem der Balkan und die östlichen Mittelmeeranrainer betroffen.
Der Atlas liefert auch Prognosen für die Entwicklung bis 2050: Wird nichts getan, könnte bis dahin sogar 90 Prozent der Landfläche degradiert sein. Als Folge würden die Ernten weltweit um rund zehn Prozent abnehmen, wie die Forscher berichten. Besonders gravierend wären dem Atlas nach die Effekte in Indien, China und in Afrika südlich der Sahara, denn dort könnten sich die Erträge sogar halbieren.
Doch auch die Länder und Regionen, die selbst weniger vom Landverlust betroffen sind, werden die Folgen zu spüren bekommen: Nach Schätzungen der Wissenschaftler könnten bis 2050 rund 700 Millionen Menschen wegen der Bodendegradation aus ihrer Heimat vertrieben werden.
Vielfache Ursachen
Ursachen für diese Entwicklung sind vielerorts eine zunehmende Trockenheit durch abnehmende Niederschläge oder absinkendes Grundwasser. Aber auch die Rodung von Wäldern und die damit verknüpfte Erosion durch Wasser und Wind spielen eine Rolle ebenso wie eine Übernutzung der Böden durch die Landwirtschaft und die Zersiedelung der Landschaft, so die Forscher.
„In den letzten 20 Jahren hat der Druck auf die Landflächen und Böden dramatisch zugenommen“, sagt EU-Kommissar Tibor Navracsics. „Um unseren Planeten für künftige Generationen zu erhalten, müssen wir dringend die Art verändern, wie wir diese wertvollen Ressourcen behandeln.“ Vor allem das Bevölkerungswachstum und die Veränderungen in unserem Konsumverhalten seien große Belastungsfaktoren für die Böden weltweit.
Die Schwierigkeit dabei: Das Problem der Landdegradation ist zwar global, aber die Ursachen und damit auch die passenden Gegenmaßnahmen sind lokal sehr unterschiedlich. Der Atlas der Desertifikation soll durch seine Daten nun helfen, die jeweiligen Auslöser und mögliche Lösungen aufzuzeigen.
Der neue Weltatlas der Desertifikation kann auf der Website des EU Joint Research Centre eingesehen und heruntergeladen werden.
(European Commission Joint Research Centre, 25.06.2018 – NPO)