Geowissen

Wie groß sind Neutronensterne?

Astronomen grenzen Radius der stellaren Dichterekordler ein

Bisher gab es zur Größe eines typische Neutronensterns nur grobe Schätzungen, jetzt haben Forscher den Radius bis auf 12,5 Kilometer genau berechnet. © Penn State University

Klein, aber oho: Nach dem Massenlimit von Neutronensternen haben Forscher jetzt auch die Größe dieser exotischen Sternenreste näher eingegrenzt. Demnach haben typische Neutronensterne nur einen Radius von 12 bis 13,5 Kilometer. Ein solcher Himmelskörper würde demnach bequem in den Ärmelkanal passen – trotz fast doppelter Sonnenmasse. Die neuen Werte könnten helfen, den Materiezustand in den Neutronensternen zu bestimmen, aber auch das Rätsel um die hypothetischen „Quark-Sterne“ lösen.

Neutronensterne gehören zu den dichtesten Objekten im Kosmos. In diesen Überbleibseln von Supernovae ist die Materie so stark komprimiert, dass sogar Elektronen und Protonen zu Neutronen verschmelzen. Doch wie die Materie im Inneren der Neutronensterne beschaffen ist, ist bisher rätselhaft – auch, weil ihre Größe und Masse bisher nur grob geschätzt werden konnte. Anfang 2018 jedoch gelang es Forschern, die Massen-Obergrenze für Neutronensterne genauer einzugrenzen.

Mit Einsteins Gleichungen und Gravitationswellen

Jetzt ist es Elias Most und seine Kollegen von der Goethe-Universität Frankfurt gelungen, auch die Größe dieser exotisch dichten Objekte näher zu bestimmen. Für ihre Studie berechneten sie mehr als zwei Milliarden theoretische Modelle von Neutronensternen, indem sie Einsteins Gleichungen numerisch lösten. Die Ergebnisse glichen die Forscher dann mit den Daten einer kosmischen Katastrophe ab: der Kollision zweier Neutronensterne.

Bei diesem Ereignis wurden Gravitationswellen erzeugt, die im August 2017 die Erde erreichten und von den von den LIGO- und Vigo-Detektoren eingefangen wurden. Die Merkmale dieser Wellen liefern einige Informationen darüber, wie die Verschmelzung ablief und daraus wiederum lassen sich in Kombination mit den theoretischen Daten Schlüsse über die wahrscheinliche Masse und Größe der Kollisionspartner ziehen.

Ein typischer Neutronenstern hat einen Radius von 12 bis 13,5 Kilometern – er ist damit etwa so groß wie die Stadt Frankfurt © Lukas Weih/ Goethe-Universität; Satellitenaufnahme: GeoBasis-DE/BKG (2009) Google

Radius bis auf 1,5 Kilometer genau

Das Ergebnis: Der Radius eines typischen Neutronensterns liegt zwischen 12 und 13,5 Kilometern, wie die Astrophysiker ermittelten. Ein solcher Supernova-Rest wäre zwar schwerer als unsere Sonne, würde demnach aber bequem in den Ärmelkanal passen. Mit ihren Modellrechnungen haben die Forscher die Größe eines solchen Objekts erstmals bis auf 1,5 Kilometer genau angeben. Bei bisherigen Schätzungen lag die Spannbreite der möglichen Radien noch zwischen acht und 16 Kilometern.

Allerdings gibt es einen Haken: Der neue Größenwert gilt nur für „normale“ Neutronensterne, die aus dicht komprimierten Neutronen bestehen. Doch seit einiger Zeit spekulieren Forscher darüber, ob es möglicherweise auch noch eine zweite, exotischere Form dieser Sternenreste gibt. Bei diesen sogenannten Quark-Sternen ist der Druck so hoch, dass sogar die Neutronen in ihre Quarks zerfallen.

Was ist mit Quark-Sternen?

Obwohl es für die Existenz solcher Quark-Sterne bisher keine Beweise gibt, sind sie zumindest theoretisch möglich. Das aber hätte auch für die Größenberechnungen Folgen: Weil ihre Materie in einem anderen Zustand ist, wäre eine weitere Gleichgewichtslösung der Einsteingleichungen möglich: Ein exotischer Zwilling mit exakt dergleichen Masse und einem deutlich kleineren Radius als ein normaler Neutronenstern.

Das Team um Most hat deshalb auch die exotischen Quark-Sterne in ihre Modelle mit einbezogen. Dabei zeigte sich jedoch: Selbst wenn es diese exotischen Neutronenstern-Zwillinge geben sollte, sind sie extrem selten. Zudem können die Quark-Sterne während der Verschmelzung zweier Neutronensterne nur wenig verformt werden, wie die Forscher feststellten. Diese Erkenntnis ist deshalb interessant, weil sie dabei helfen könnte, die Existenz dieser Objekte nachzuweisen – möglich wäre dies mit Gravitationswellen solcher Kollisionen. (Physical Review Letters, 2018; doi: 10.1103/PhysRevLett.120.261103)

(Goethe-Universität Frankfurt am Main, 27.06.2018 – NPO)

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