Geowissen

Starkregen auf dem Mars?

Winkel der Flussnetzwerke sprechen für einst trockenes Klima mit episodischem Regen

Wie war das Klima des frühen Mars? Eine mögliche Antwort liefert nun die Form der Flussnetzwerke auf dem Roten Planeten. © NASA/JPL-Caltech/Cornell Univ./Arizona State Univ

Wechsel von Dürre und Sturzfluten? Die verzweigten Flusstäler auf dem Mars sind wahrscheinlich nicht durch Grundwasser oder lange bestehende Flüsse entstanden, sondern durch Starkegen und Sturzfluten. Denn wie eine Vermessung enthüllt, ähneln die Winkel ihrer Verzweigungen verblüffend denen von Flusstälern in irdischen Trockengebieten. Solche Verzweigungswinkel wiederum sind typisch für Flüsse, die sich bei Starkregen füllen, wie Forscher im Fachmagazin „Science Advances“ berichten.

Wie viel Wasser gab es einst auf dem Mars? Über diese Frage streiten Planetenforscher bis heute. Denn einerseits zeugen Spuren alter Seen, verzweigter Flusstäler sowie abgelagerte Tonminerale davon, dass es auf dem Roten Planeten einst Wasser gab – vielleicht sogar einen ganzen Ozean. Andererseits gibt es auch Indizien dafür, dass das Klima selbst vor rund 3,7 Milliarden Jahren zu kalt und die Marsatmosphäre zu dünn war.

Wie aber sind dann die verzweigten Talstrukturen des Mars entstanden, die unseren Flusstälern so ähnlich sind? Solche Erosionsspuren kommen normalerweise zustande, wenn sich Wasser über längere Zeit hinweg seinen Weg bahnt. Theoretisch wäre aber auch denkbar, dass kurzzeitige, dafür umso heftigere Sturzfluten diese verzweigten Talstrukturen geformt haben. Das dafür nötige Wasser könnte beispielsweise bei Vulkanausbrüchen durch geschmolzenes Eis gebildet worden sein.

Flusswinkel verraten Klima

Eine andere mögliche Erklärung liefern nun Hansjörg Seybold von der Universität Zürich und seine Kollegen. Sie haben die Verzweigungswinkel von Flusstälern auf der Erde und auf dem Mars näher untersucht und verglichen. Der Grund: „Eine Studie hat vor Kurzem gezeigt, dass die Winkel solcher Talnetzwerke eng mit dem Klima zusammenhängen – unabhängig von anderen Faktoren wie Einzugsgebiet, Hangneigung oder Größe der Ströme“, berichten die Forscher.

Irdische Flusstalwinkel in trockenem (links) und feuchtem Klima, sowie zwei Flusstäler auf dem Mars. © Seybold et al. /Science Advances, CC-by-nc 4.0

Konkret bedeutet dies: In Regionen, in denen ein eher feuchtes Klima herrscht und Flüsse reichlich Wassernachschub aus dem Grundwasser haben, verzweigen die Flussnetzwerke in größerem Winkel. In Trockenregionen dagegen, wo es selten, aber heftig regnet, prägen Sturzfluten die Flussform. Dort verzweigen sich die Flussnetzwerke in spitzeren Winkeln, wie Seybold und seine Kollegen erklären. Am Winkel der Verzweigungen lässt sich demnach ablesen, wie das Klima zur Entstehungszeit dieser Netzwerke war – und dies überall auf der Welt.

Ähnlich spitz wie in Arizona

Doch wie ist es auf dem Mars? Wie die Forscher feststellten, bilden auch dort die Flussnetzwerke eher spitze Winkel. Statistisch am häufigsten kommen Winkel von rund 40° vor, wie aus Marsaufnahmen generierte Datensätze belegen. „Obwohl sich die Kartenauflösungen um fast den Faktor zehn unterscheiden, sind die Verzweigungsstatistiken vom Mars und dem trockenen US-Südwesten damit erstaunlich ähnlich“, so Seybold und seine Kollegen. Die Winkel in den US-Wüstengebieten liegen bei im Schnitt 41 Grad.

Eher spitz: Flussverzweigungen in der Warrego Vallis-Region auf dem Mars © NASA /JPL / ASU

„Diese Beobachtungen stützen die Annahme, dass die marsianischen Kanalnetzwerke vorwiegend durch oberflächlichen Wasserabfluss geformt wurden – Wasser, dass bei episodischen Starkregenfällen in einem ansonsten trockenen Klima fiel“, konstatieren die Forscher. Das Wasser für diese Niederschläge stammte vermutlich aus dem Ozean, der vor rund 3,7 Milliarden Jahren das nördliche Drittel des Mars bedeckt haben könnte. Aus ihm verdunstete Wasser, dass dann als Wasserdampf nach Süden driftete und dort periodisch abregnete.

Ob sich dieses Szenario tatsächlich so abspielte, lässt sich allerdings bisher nicht belegen. Auf Basis ihrer neuen Erkenntnisse gehen die Wissenschaftler aber davon aus, dass selbst der junge Mars nie feucht genug war, um von Grundwasser gespeiste Flüsse besessen zu haben. (Science Advances, 2018; doi: 10.1126/sciadv.aar6692)

(AAAS/ ETH Zürich, 29.06.2018 – NPO)

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