Physik

Pulsar bestätigt Einstein

Dreifachsystem aus Weißen Zwergen und Neutronenstern ermöglicht bisher genauesten Test

Einzigartiges Dreiergespann: Ein System aus zwei Weißen Zwergen und einem Neutronenstern stellt Einstein auf die Probe. © NRAO/AUI/NSF; S. Dagnello

Kosmische Schwergewichte als Testobjekt: Ein Neutronenstern und zwei Weiße Zwerge haben Astronomen den bisher genauesten Test von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie ermöglicht. Denn die Bahnen dieser Objekte belegen, dass das Äquivalenzprinzip selbst bei Objekten mit extremer Eigenschwerkraft gültig bleibt – zumindest bis auf knapp drei Millionstel. Sollte es doch Abweichungen geben, ist ihr Raum nun stark eingeschränkt, so die Forscher im Fachmagazin „Nature“.

Seit mehr als 100 Jahren prägt die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein unser physikalisches Weltbild – weitgehend unangefochten. Bisher haben seine Vorhersagen, ob bei der Zeitdehnung, der lokalen Positionsinvarianz oder der Krümmung der Raumzeit, alle Tests mit Bravour bestanden.

Dies gilt auch für das starke Äquivalenzprinzip – etwas, das schon Isaac Newton mit seinem fallenden Apfel aufdeckte. Nach diesem Prinzip wirkt die Gravitation auf alle Massen gleich stark. Im Vakuum fällt daher eine Feder genauso schnell wie eine Bleikugel.

Dreiergespann als kosmisches Testlabor

Doch bisher war unklar, ob dieses starke Äquivalenzprinzip auch dann noch gilt, wenn extrem hohe Massen im Spiel sind. Einigen alternativen Theorien nach könnte es dabei Abweichungen durch die starke Eigenschwerkraft-Wirkung solcher Objekte geben. Bisher allerdings gab es kaum Möglichkeiten, diese Annehme zu überprüfen – aus Mangel an geeigneten Testobjekten.

Jetzt jedoch haben Astronomen mit PSR J0337+1715 ein solches Testobjekt entdeckt. Es handelt sich um ein Dreifachsystem aus zwei Weißen Zwergen und einem Neutronenstern in rund 4.200 Lichtjahren Entfernung. Der pulsierende Radiowellen aussendende Neutronenstern umkreist einen der Weißen Zwergein jeweils 1,6 Tage, der zweite Weiße Zwerg umrundet beide Partner in einem 327-Tage dauernden Orbit.

„Dies ist ein einzigartiges Sternensystem – wir kennen kein vergleichbares“, sagt Koautor Ryan Lynch vom Greenbank Orbservatorium in West Virginia. „Das macht es zu einem einmaligen Labor für einen Test von Einsteins Theorie.“

Gilt Einsteins Äquivalenzprinzip auch bei Objekten mit extremer Schwerkraft, dann dürfte der Neutronenstern nicht stärker angezogen werden als der Weiße Zwerg. © Anne Archibald

Äquivalenzprinzip mit Schwergewicht

Das Spannende daran: Anhand der Radiopulse des Neutronensterns gelang es Anne Archibald vom niederländischen Institut für Radioastronomie (ASTRON), Lynch und ihrem Team, dessen Bahn und Tempo über sechs Jahre hinweg mitzuverfolgen. Sie nutzten dafür das Greenbank Radioteleskop, das Arecibo Teleskop in Puerto Rico und das Westerbork-Radioteleskop in den Niederlanden.

„Wir haben jeden Radiopuls des Neutronensterns eingefangen und können dadurch seine Position bis auf hundert Meter genau bestimmen“, sagt Archibald. „Das gibt uns eine wirklich präzise Angabe, wo dieser Neutronenstern war und wohin er fliegt.“ Und dies ermöglichte es, das Äquivalenzprinzip zu überprüfen: Gilt es auch für Objekte mit einer extrem hohen Eigenschwerkraft wie dem Neutronenstern, müssten er und sein weißer Partner gleich stark auf die Gravitation des Dritten im Bunde reagieren.

Bis auf knapp drei Millionstel genau

Und tatsächlich: Die Beschleunigung von Weißem Zwerg und Neutronenstern war nahezu gleich. „Wenn es einen Unterschied gibt, dann ist er nicht größer als 2,6 Millionstel“, berichtet Koautorin Nina Gusinskaia von der Universität Amsterdam. „Das engt den Raum für alternative Theorien deutlich weiter ein. Denn wir haben damit die besten bisherigen Tests dieser Gravitationswirkung um das Zehnfache präzisiert.“

Damit hat Einsteins Theorie wieder einmal Recht behalten – vorerst. „Bisher hat jeder Test der Allgemeinen Relativitätstheorie diese bestätigt. Aber wir suchen trotzdem weiter nach möglichen Abweichungen“, sagt Koautorin Ingrid Stairs von der University of British Columbia in Vancouver. „Denn das könnte uns dabei helfen zu verstehen, wie wir Gravitation und Quantenmechanik mit der gleichen mathematischen Sprache beschreiben können.“

Blick auf das Westerbork-Radioteleskop bei Nacht © ASTRON

Die Suche geht weiter

Nach einer solche Einheitlichen Feldtheorie suchen Physiker schon seit Jahrzehnten – bisher vergeblich. Denn die Gravitation entzieht sich bisher allen Versuchen, ihre hypothetisches Überträgerteilchen – das Graviton – zu finden oder sie in das Schema der restlichen Grundkräfte einzufügen. Die Suche nach der „Theorie für Alles“ geht damit vorerst weiter.

Eine weitere Chance könnte die Astrophysiker schon bald bekommen. Denn in diesem Sommer kommt ein heller Stern dem Schwarzen Loch im Herzen der Milchstraße besonders nahe. Astronomen werden messen, ob dessen enorme Schwerkraft zu der von Einstein vorhergesagten Rotverschiebung des Sternlichts führt. (Nature, 2018; doi: 10.1038/s41586-018-0265-1)

(ASTRON, Green Bank Observatory, University of British Columbia, 05.07.2018 – NPO)

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