Unangenehme OP-Nachwirkung: Ob jemand nach einer Narkose zu Übelkeit neigt oder nicht, hängt auch von den Genen ab. Forscher haben eine Genvariante identifiziert, die ihre Träger anfälliger für diese typische Narkosenachwirkung macht. Dieser Geneffekt ist unabhängig von sonstigen Risikofaktoren – und erklärt, warum auch Patienten mit vermeintlich niedrigem Übelkeits-Risiko plötzlich erbrechen.
Bei der Narkose versetzt uns eine Kombination aus betäubenden und schmerzlindernden Medikamenten während einer Operation in einen Zustand der Bewusstlosigkeit und lässt uns so selbst schmerzhafte Eingriffe „verschlafen“. Doch für manche Menschen gibt es ein unangenehmes Erwachen: Sie werden nach dem Erwachen aus der Narkose von starker Übelkeit geplagt.
Übelkeit trotz niedriger Risikofaktoren
„Um die Häufigkeit postoperativer Übelkeit zu reduzieren, werden oft vorbeugende Maßnahmen ergriffen“, erklärt Stefanie Klenke von der Universität Duisburg-Essen. Dafür befragen die Anästhesisten ihre Patienten nach möglichen Risikofaktoren wie der bisherigen Narkoseverträglichkeit, dem Raucher-Status und der Neigung zu Reiseübelkeit. Auch das Geschlecht spielt eine Rolle für die anschließende Einstufung nach dem sogenannten Apfel-Score.
Seltsam jedoch: Immer wieder ist auch solchen Patienten nach einer OP speiübel, die eigentlich einen niedrigen Apfel-Score haben und damit ein geringes Risiko für diese Nebenwirkung. Schon länger haben Forscher dafür eine bestimmte Genvariante im Acetylcholin-Rezeptor M3 im Verdacht.
Genvariante entscheidend
Ob das stimmt, haben Klenke und ihre Kollegen nun mit 454 Probanden überprüft, denen eine geplante Operation bevorstand. Wie ein Gentest ergab, trugen 191 dieser Patienten die normale Genvariante GG, 207 die Mischvariante A und 56 Teilnehmer die veränderte DNA-Abfolge AA. Die Forscher untersuchten dann, inwieweit dies die Übelkeit nach der Narkose beeinflusste.
Das Ergebnis: Die Träger der GA- und AA-Genvarianten litten deutlich häufiger unter der Narkose-Übelkeit. Ihr relatives Risiko lag 50 bis 60 Prozent höher als bei Trägern der Genvariante GG, wie die Forscher berichten. Das Entscheidende dabei: Dieses Risiko war komplett unabhängig vom Apfel-Score und den darin erfassten schon bekannten Risikofaktoren für die Narkosenachwirkung.
Künftig Gentest vor der Narkose?
Deshalb empfehlen die Forscher ihren Kollegen, lieber auf Nummer sicher zu gehen. Es sollten auch die Patienten mit vorbeugenden Maßnahmen vor der Übelkeit geschützt werden, die nach dem Apfel-Score nur ein vermeintlich niedriges Risiko haben. Künftig könnte zudem ein Gentest helfen, diese Risikopatienten zu identifizieren
„Liegt dann die Genvariante vor, sollten auch diese Patienten gegen postoperative Übelkeit behandelt werden.“, sagt Klenkes Kollege Jürgen Peters. „Allerdings werden solche genetischen Screenings derzeit noch nicht durchgeführt.“ (British Journal of Anaesthesia, 2018; doi: 10.1016/j.bja.2018.02.025)
(Universität Duisburg-Essen, 06.07.2018 – NPO)