„Die Jäger und Sammler der Natufien-Kultur sind für uns besonders spannend“, erklärt Grabungsleiter Tobias Richter von der Universität Kopenhagen. „Denn wegen Funden von sichelförmigen Klingen und Steinmörsern hatten Archäologen schon länger den Verdacht, dass diese Menschen auch die Nahrungspflanzen auf neue Art zu nutzen begannen.“ Eine der ältesten Natufien- Fundstätten ist die 14.600 bis 11.600 Jahre alte Siedlung Shubayqa 1 im Nordosten Jordaniens.
14.400 Jahre alte Brotreste
In Shubayqa 1 gibt es zwei prähistorische Feuerstellen, in denen zwischen Asche und Tierknochen auch andere Nahrungsreste erhalten sind – darunter 24 kleine, halbverkohlte Brocken aus pflanzlichen Bestandteilen. Arranz-Otaegui und ihre Kollegen haben die Struktur und Zusammensetzung dieser Bröckchen nun erstmals mit modernsten Mikroskopie- und Analysemethoden untersucht.

Steinzeit-Brotproben unter dem Elektronenmikroskop © Arranz-Otaegui et al./ PNAS
Das überraschende Ergebnis: Die halbverkohlten Bröckchen sind Reste urzeitlichen Brotes – und damit die ältesten bekannten Belege für das Brotbacken überhaupt. Schon vor bis zu 14.400 Jahren haben unsere Vorfahren demnach bereits die Kulturtechnik des Brotbackens erfunden. Entgegen den Annahmen geschah dies schon rund 4.000 Jahre vor Entwicklung der Landwirtschaft und des Getreideanbaus.
„Das Brotbacken repräsentiert einen wichtigen Fortschritt in der menschlichen Ernährung – und hiermit demonstrieren wir, dass die Jäger und Sammler des Natufien dies bereits praktizierten“, sagen die Forscher.
Einfache Fladen aus Wildgetreide
Das Brot der Natufien ähnelte einem einfachen Fladenbrot. Es bestand aus Mehl, das mit Wasser zu einem Teig verknetet und dann im Feuer gebacken wurde, wie die Forscher berichten. Erkennen lässt sich dies unter anderem an der Größe und Menge der Poren in den Brotresten, deren Größe und Menge für nichtfermentierte Teigen typisch ist. „Diese Brotreste sind dem ungesäuerten Brot sehr ähnlich, die man in neolithischen Fundstätten in Europa und der Türkei entdeckt hat“, sagt Arranz-Otaegui.
Die Analysen enthüllten auch, woraus dieses Steinzeit-Brot gebacken wurde: „Die von uns analysierten Relikte zeigen, dass die Menschen damals wilde Vorformen von Getreiden wie Gerste, Einkorn und Hafer zermahlten, siebten und vor dem Backen kneteten.“ Aber auch Samen der Strandsimse (Bolboschoenus glaucus), einer zu den Sauergräsern gehörenden krautigen Pflanze wurden für dieses urzeitliche Fladenbrot verbacken.
Speise für Feste und Reisen
Die Gewinnung der Körner aus den Wildpflanzen und ihre Weiterverarbeitung zu Teig und Brot waren relativ aufwändig, wie die Forscher erklären. Die Menschen von Shubayqa 1 haben daher dieses Brot vermutlich nur zu Festen oder als Proviant für längere Wanderungen gebacken. „Brot wurde damals vermutlich als etwas Besonderes angesehen“, sagt Koautor Dorian Fuller vom University College London.
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte der besondere Status des Brotes und seine Beliebtheit damals vielleicht sogar den Übergang zum gezielten Pflanzenanbau vorangetrieben haben: „Der Wunsch, mehr dieser besonderen Speise herzustellen könnte dann dazu geführt haben, dass man begann, Getreide gezielt zu kultivieren“, so Fuller. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 20ß18; doi: 10.1073/pnas.1801071115)
(University of Copenhagen, PNAS, 17.07.2018 – NPO)
17. Juli 2018