Biologie

Dino-Dinner: Futter gabs genug

Hoher CO2-Gehalt der Urzeit-Luft minderte Nährstoffgehalt der Pflanzen kaum

Das Futter der pflanzenfressenden Sauropoden war nährstoffreicher als bisher gedacht. Hier ein Europasaurus, eine Dino-Art, die im späten Jura im Gebiet des heutigen Deutschland lebte. © Gerhard Boeggemann/ CC-by-sa 2.5

Reichhaltiger als gedacht: Die pflanzenfressenden Riesen-Dinosaurier speisten nahrhafter als bisher angenommen. Denn entgegen früheren Annahmen verringerte der damals hohe CO2-Gehalt der Atmosphäre den Energie- und Nährstoffgehalt der Pflanzen kaum, wie nun ein Experiment belegt. Brachiosaurus, Diplodocus und Co benötigten daher wohl doch keine ganz so gigantischen Futtermengen, um ihren riesenhaften Körper zu versorgen, wie die Forscher im Fachmagazin „Paleontology“ berichten.

Das Zeitalter der Dinosaurier brachte riesenhafte Echsen hervor. Vor allem die gigantischen Pflanzenfresser aus der Gruppe der Sauropoden erreichten Größen von mehr als 20 Metern und ein Gewicht von bis zu 50 Tonnen. Entsprechend viel ihrer Pflanzennahrung benötigen Brachiosaurus, Brontosaurus, Diplodocus und Co.

Urzeit-Pflanzen in der Klimakammer

Seltsam nur: Ausgerechnet während der Blütezeit der großen Pflanzenfresser-Dinos enthielt die Erdatmosphäre relativ viel Kohlendioxid – bis zu 50 Mal mehr als heute. „Es gibt die Annahme, dass Pflanzen unter höheren CO2-Werten schneller und größer wachsen, ihr Nährstoffgehalt aber dadurch sinkt“, erklärt Erstautorin Fiona Gill von der University of Leeds. Das aber würde bedeuten, dass die Riesen-Dinosaurier mehr fressen mussten, um die gleiche Energie aufzunehmen wie heutige Elefanten oder andere große Pflanzenfresser.

Ob das stimmt, haben Gill und ihre Kollegen jetzt überprüft. Für ihr Experiment ließen sie sechs Nachfahren damaliger Dino-Futterpflanzen unter CO2-Konzentrationen von 400 bis 2.000 parts per million (ppm) wachsen. Unter den Pflanzen waren Unterholzarten wie Schachtelhalm und ein Polypodium-Farn, sowie der Scharfe Hahnenfuß als früher Vertreter der bedecktsamigen Blütenpflanzen. Außerdem wurden Jungpflanzen der Baumarten Ginkgo, Mammutbaum (Metasequoia) und Araukarie angepflanzt.

Bei allen Arten beobachteten die Forscher das Wachstumstempo und entnahmen nach drei und sechs Monaten Blattproben, die sie auf ihren Stickstoff- und Energiegehalt hin analysierten.

Optimum bei 1.200 ppm CO2

Das Ergebnis: Entgegen den Erwartungen nahm der Nährstoff- und Energiegehalte von mehreren der getesteten Pflanzenarten auch bei hohen CO2-Werten nicht ab. Der Schachtelhalm blieb sogar unabhängig von den CO2-Werten gleich gehaltvoll, beim Farn, dem Ginkgo, der Araukarie und dem Hahnenfuß war der Nährstoffgehalt bei 1.200 ppm CO am höchsten. Nur der Mammutbaum verlor oberhalb von 800 ppm deutlich an Energiegehalt.

Schachtelhalm Equisetum hyemale – ein Relikt der Urzeit. © Thayne Tuason/ CC-by-sa 4.0

„Unsere Ergebnisse widersprechen gängigen Annahmen einer konstanten und linearen Abnahme des Nährstoffgehalts von Nahrungspflanzen bei steigenden CO2-Werten“, konstatieren Gill und ihre Kollegen. Demnach war das Futter der pflanzenfressenden Sauropoden vor rund 150 Millionen Jahren im Schnitt nicht weniger gehaltvoll als es verwandten Pflanzen heute sind – trotz vermutlich doppelter CO2-Werte.

30 Kilogramm Futter pro Tag

Wie viel Futter aber benötigte einer dieser Urzeitriesen – und wie viele Pflanzen musste er fressen? Dies haben die Forscher für zwei Sauropoden des späten Jura und der frühen Kreidezeit ausgerechnet. Demnach benötigte ein gut zehn Tonnen schwerer Diplodocus pro Tag wahrscheinlich eine Energie von 280 Kilojoule pro Kilogramm Körpergewicht. Dies liegt etwa in der Mitte zwischen den Werten für heutigen Reptilien und heutigen Säugetieren.

„Wenn dieser Dinosaurier vorwiegend Farne gefressen hätte, benötigte er 33,2 Kilogramm dieses Futter pro Tag“, berichten die Forscher. „Hätte er Schachtelhalme gefressen, dann wären es 23,8 Kilogramm pro Tag gewesen.“ Ein 12,6 Tonnen schwerer Camarosaurus, der ein gemischtes Futter aus Baumblättern und Kräutern zu sich nahm, hätte 34,2 Kilogramm Futter pro Tag gebraucht.

Zum Vergleich: Ein typischer moderner Elefant mit sieben Tonnen Gewicht und einem Energiebedarf von 550 Kilojoule pro Kilogramm müsste 47 Kilogramm Farn und 33,7 Kilogramm Schachtelhalme fressen.

Mehr Urzeit-Riesen pro Fläche

Das aber bedeutet auch, dass damals möglicherweise mehr Sauropoden in einem Gebiet leben und fressen konnten als bisher angenommen. „Unserer Ergebnisse erhöhen die mögliche Populationsdichte um rund 20 Prozent“, berichten die Forscher. Demnach könnten je nach Landschaft zwischen sieben und 1.944 Tiere pro Quadratkilometer Fläche gelebt haben.

„Unsere Arbeit liefert zwar noch nicht das ganze Bild des Dinosaurier-Futters oder deckt alle damals existierenden Pflanzen ab, aber es gibt uns ein besseres Verständnis dafür, wie die Dinosaurier fraßen und damit auch, wie sie lebten“, sagt Gill. (Palaeontology, 2018; doi: 10.1111/pala.12385)

(University of Leeds, 23.07.2018 – NPO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Symbolische Tonfiguren von Menschen unterschiedlichen Glaubens

Macht Religion großzügiger?

Wie Rentiere das Klima schützen

Wie der Wind Schneeflocken umbaut

Glück in der Leber und Wut in den Füßen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Die Lichtwandler - Wie Pflanzen durch Fotosynthese das Leben auf der Erde ermöglichen

Bücher zum Thema

Im Fokus: Strategien der Evolution - Geniale Anpassungen und folgenreiche Fehltritte von Nadja Podbregar und Dieter Lohmann

Saurier - Expedition in die Urzeit von Rainer Schoch

Die Alpen - Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft von Werner Bätzing

Top-Clicks der Woche